„Man sieht verschiedene Sachen draußen – die Natur hat unglaublich viel zu bieten.“
– Jana Berger*, Biologin in einem Landschaftsplanungsbüro –
Wir Menschen nehmen sehr großen Einfluss auf die Natur und die Lebensräume von Tieren und Pflanzen. Alleine in Deutschland gibt es beispielsweise fast 13.000 km Autobahnen und rund 38.000 km Bundesstraßen. Dieses dichte Straßennetz verbindet zwar uns Menschen, schränkt aber den Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten ein. Genauso ist dies der Fall, wenn Wiesenlandschaften erschlossen werden, um Häuser zu bauen oder Wälder einem Einkaufszentrum weichen müssen. Bei all diesen Vorhaben greifen wir massiv in den Lebensraum anderer Arten ein. In diesem Prozess kommt nun Jana ins Spiel. Sie arbeitet als Biologin mit einer naturschutzfachlichen Ausrichtung in einem Landschaftsplanungsbüro.
Wenn Bauvorhaben oder andere Eingriffe in die Natur geplant sind, dann wird sie tätig und bewertet die Auswirkungen dieses Eingriffs auf vorkommende Tier- und Pflanzenarten. Bei dem Bau einer Straße werden beispielsweise Flächen versiegelt oder Gebüsche entfernt, die Habitate für Tiere oder Pflanzen sind. Jana muss dann den Ist-Zustand bewerten und einordnen, welche Bereiche von dem Eingriff betroffen sein werden. Dafür ist ein großer Anteil ihres Jobs die Kartierung im Feld, wo sie sich vor Ort einen genauen Überblick verschafft, welche Arten in dem betroffenen Gebiet vorkommen. Hat sie diese ermittelt, muss sie einschätzen, wie sich der Eingriff auf diese Arten auswirkt und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um diese Arten zu schützen. Am Ende ihrer Arbeit, fasst Jana all ihre Erkenntnisse zu einem Gutachten zusammen, welches dann als Grundlage für Entscheidungen bezüglich des Artenschutzes dient.
Jana hat schon im Studium ihren Fokus auf Ökologie und Pflanzenwissenschaften sowie Zoologie gelegt und sich beispielsweise mit der Kartierung von Fledermäusen beschäftigt. Dieser Fokus auf Naturschutz im Studium hat ihr für den Einstieg sehr geholfen. Darüber hinaus hat sie sich selbstständig in verschiedene Artengruppen eingearbeitet, da ein solches Wissen für ihren Job unerlässlich ist. Sie muss sich in der Natur zurechtfinden können und braucht vertiefte Kenntnisse von Lebensraum und Arten. Außerdem nötig sind Kenntnisse über Geoinformationssysteme. In solche Programme muss Jana ihre digitalen Daten eingeben und kann damit beispielsweise Projektgebiete abstecken. Ab und zu liest sie auch mal englische Fachliteratur, wofür gute Englischkenntnisse hilfreich sind. Im täglichen Arbeitsleben spielen Fremdsprachen jedoch keine große Rolle.
Eine Promotion ist in dem Bereich nicht nötig und Jana kennt kaum Promovierte. Sogar ein Start nur mit Bachelorstudium ist in dem Bereich denkbar. Von Janas Kolleg:innen haben nicht alle wie sie einen Masterabschluss.
Das Ergebnis von Janas Arbeit ist ein Gutachten, bei dem sie sich an den rechtlichen Artenschutz halten muss. Da ihre Projekte in Bayern verortet sind, liegt dem Gutachten neben dem Bundesnaturschutzgesetz das bayrische Artenschutzrecht zugrunde. Von Jana wird erwartet, dass sie diese Gesetzesvorlagen detailgetreu und gewissenhaft befolgt.
Sie sagt außerdem, dass ein gewisses Durchhaltevermögen bei der Schreibarbeit hilfreich ist. Sie beschäftigt sich teilweise sehr lange mit demselben Konstrukt und muss es wieder und wieder überarbeiten. Eine gewisse Freude an Textarbeit ist dort ebenfalls von Vorteil.
Jana ist außerdem bereits in der Frühphase von Bauprojekten beteiligt. Da diese Projekte noch in der Planung sind, wird von ihr Verschwiegenheit erwartet.
Jana wusste, dass sie nach dem Studium im Bereich Naturschutz arbeiten möchte. An ein Landschaftsplanungsbüro hatte sie ursprünglich dabei nicht gedacht, aber bei der Recherche nach möglichen Jobs auf greenjobs, einer Jobbörse für Umweltfachkräfte, fiel ihr eine interessante Stelle in einem Landschaftsplanungsbüro auf. Daraufhin hat sich Jana dann auch initiativ in weiteren Planungsbüros beworben und ihr wurde die Stelle als „Biologin mit einer naturschutzfachlichen Ausrichtung“ angeboten.
Ihre Bewerbungsphase nach dem Studium hat etwa sechs Monate gedauert, was sich für sie selbst sehr lang angefühlt habe. Sie empfiehlt, so früh wie möglich ein Praktikum in dem Bereich zu machen, da es einem Tür und Tor öffnet: „So ist auch der Einstieg bereits nach dem Bachelor sehr gut machbar.„
Viel hat Jana sich über „learning by doing“ beigebracht. Um sich in neue Artengruppen einzuarbeiten, hat sie Bücher über die Arten gelesen und sie dann im Feld studiert. Sie sagt dazu: „Einfach machen – die Zusammenhänge werden einem immer klarer, je mehr Arten man kennenlernt.“
Am meisten hat sie davon mitgenommen, wenn sie gemeinsam mit jemandem rausgegangen ist, der mit der für sie neuen Artengruppe schon viel Erfahrung hat.
Es gibt außerdem Fortbildungen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, an denen Jana teilgenommen hat. In einer solchen Fortbildung werden die einzelnen Themengebiete von verschiedenen Dozierenden genauer beleuchtet.
Da es sich bei Janas Tätigkeiten um Projektarbeit handelt, ist die Work-Life-Balance stark von der Größe und Art des Projekts abhängig. Generell lässt sich sagen, dass der Sommer in der Regel arbeitsintensiver ist als der Winter, weil dort im Feld kartiert wird. Dabei ist auch entscheidend, ob es sich um einen Extremstandort handelt oder eine einfache Agrarlandschaft. Insbesondere wenn der Anfahrtsweg lang ist, können auch die Tage sehr lang werden. An solchen Tagen versucht Jana, besonders viel auf einmal zu erledigen und das ganze Aktivitätsspektrum der untersuchten Tierart an einem Tag abzudecken. Bei langen Anfahrtswegen sind auch Übernachtungen möglich, sodass die Arbeit auf mehrere Tage verteilt werden kann.
Im Winter, wenn größtenteils Schreibarbeit ansteht, sind die Arbeitszeiten geregelter. Je nach Dringlichkeit des Projekts fällt dort aber auch mal die eine oder andere Überstunde an.
Teilzeit ist in dem Beruf prinzipiell möglich, allerdings muss man je nach Artengruppe zu bestimmten Zeiten ins Feld und kann diese nicht frei legen. Bei ihrem Arbeitgeber hat Jana nicht die Möglichkeit, auf Teilzeit zu arbeiten, da es nur zwei Biolog:innen gibt.
In ihrer Firma gibt es nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Prinzipiell sagt Jana aber, ist das in dem Job sehr gut möglich. Es sei beispielsweise sinnvoll, 3/4 des Tages im Feld zu kartieren und die Notizen und Textarbeit dann von zu Hause zu erledigen und dafür nicht erneut ins Büro zu fahren. Dies wird von verschiedenen Büros aber unterschiedlich gehandhabt und ist bei ihr leider nicht möglich.
„Im Naturschutz ist an allen Ecken und Enden zu wenig Geld drin.“
Das war Jana schon bewusst, bevor sie sich für einen Berufseinstieg in diesem Bereich entschieden hat. Dennoch beschreibt sie die Bezahlung zum Einstieg als „relativ ernüchternd“. In ihrer Firma ist Jana mit einem Monatsgehalt knapp unter 3000 Euro brutto eingestiegen. Sie sagt aber auch ganz klar, dass Menschen, die im Bereich Naturschutz arbeiten, sich in der Regel dazu berufen fühlen. Ihr selbst ist es sehr wichtig, dass sie sich mit ihrem Beruf identifizieren kann. Das Gehalt findet sie der Tätigkeit nicht angemessen, wenn man bedenkt, dass sie dazu beiträgt, unsere eigene Lebensgrundlage zu erhalten.
Für Jana ist ihre Stelle eine klassische Einstiegsposition nach dem Studium. Sie kann dort ihre Fähigkeiten als Biologin ausbauen und baut ihre Kenntnisse im Bereich verschiedener Arten aus. In ihrem Büro könnte sie mit wachsender Erfahrung zur Projektleiterin aufsteigen. Nach einigen Jahren Berufserfahrung besteht auch die Möglichkeit, sich mit einem eigenen Gutachterbüro selbstständig zu machen und beispielsweise als externe Kartiererin für Landschaftsplanungsbüros zu arbeiten. Auch wenn es in der Branche nicht Stellen wie Sand am Meer gibt und die Bezahlung anderswo besser ist, hat Jana das Gefühl, dass das Bewusstsein dafür, wie wichtig es ist, unseren Lebensraum zu erhalten, wächst. Sie beschreibt es als eine zukunftsträchtige Branche, in der der Bedarf an Fachkräften steigen wird.
Bei der Arbeit in einem Landschaftsplanungsbüro ist es wichtig abzustecken, als was man als Biolog:in genau eingestellt wird. Wenn man wie Jana als „Wald- und Wiesenbiologin“ – wie sie sich selbst beschreibt – arbeitet, liegt der Fokus sehr stark auf der Kartierung im Feld. Wer weniger Erfahrung im Bereich Lebensräume und Artengruppen hat, wird vielleicht stärker in der Textarbeit eingebunden sein. Bei Jana kamen mit der Zeit auch noch landschaftsplanerische Aspekte hinzu. Dort geht der Fokus weg von der Biologie hin zur Landschaftsarchitektur.
Jana sagt, man hat hier auch die Möglichkeit, verschiedene Sachen auszuprobieren und rauszufinden, woran man am meisten Spaß hat.
Jana würde auf jeden Fall wieder Biologie studieren. Allerdings würde sie die Zeit im Studium nutzen, sich bereits mehr mit Berufsmöglichkeiten nach dem Studium auseinanderzusetzen. Als Tipp gibt sie dafür Naturschutzgruppen von Studierenden, da dort auch viele Stellenausschreibungen kursieren. Außerdem würde sie bereits im Studium einen Kurs zum Umgang mit Geoinformationssystemen belegen, weil sie diese für ihre tägliche Arbeit braucht. Auch dem Thema Naturschutzrecht würde sie sich bereits früher widmen, weil Kenntnisse darüber für ihren Job essentiell sind.
- Bachelorstudium an der TU München
- Masterstudium an der TU München (Schwerpunkt Ökologie und Pflanzenwissenschaften sowie Zoologie)
Wenn du dich für Naturschutz und insbesondere Klimaschutz interessierst, dann schau doch auch mal im Klimahaus Bremerhaven vorbei. Wir haben Dr. Lutz Fischer, den Leiter der Aquaristik und Terraristik des Klimahaus, interviewt, der das Glück hat, sein Hobby zum Beruf machen zu können.
Das Interview wurde im Februar 2021 geführt.
*Name von der Redaktion geändert.
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