„Die Vorteile an meinem Job sehe ich in der internationalen Arbeit, bei der ich über den Tellerrand eines normalen Naturwissenschaftlers hinaus und in die politischen Hintergründe hinein schauen kann.“
– Dr. Stefan Kloth, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Biosicherheit, Robert Koch-Institut –
Stefan arbeitet seit November 2013 am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin. Das RKI ist als Bundesamt für Gesundheit direkt dem Bundesministerium für Gesundheit unterstellt. Insgesamt arbeiten am RKI in Berlin und Wernigerode etwa 1100 Personen, davon 450 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Arbeitsgruppen.
Seine Arbeitsgruppe gehört zur Stabsstelle „Förderung der globalen Biosicherheit“, die direkt dem Präsidenten unterstellt ist. Die Abteilung ist mit drei Jahren noch sehr jung, sie umfasst derzeit acht Personen. Die Abteilung hat eine Leitung und eine stellvertretende Leitung. Ihnen unterstellt arbeitet Stefan hauptsächlich daran, den Informationsfluss zwischen den Abteilungen des RKI und dem Auswärtigen Amt sowie dem RKI und der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH in Fragen der Biosicherheit zu gewährleisten.
Stefan war schon früh klar, dass er nicht dauerhaft im Labor arbeiten möchte und hat die Promotion in erster Linie angestrebt, um langfristig einen Job zu bekommen, der ihm Spaß bereitet. Als ihm die Stellenausschreibung zu dieser Stelle weitergeleitet wurde, war sein erster Gedanke, dass er die Kriterien nicht erfüllen würde. Je länger er aber nachgedachte, desto klarer wurde ihm, dass seine Chancen für die Stelle doch nicht so schlecht stünden. Recht hatte er!
Die Vorteile in seinem Job sieht Stefan u. a. in der Unabhängigkeit vom Publizieren. Er kann, muss aber keine Fachartikel veröffentlichen, da es in seinem Tätigkeitsfeld nicht eingefordert wird. Dass seine Arbeit ausschließlich außerhalb des Labors stattfindet und er sich wissenschaftlich nicht mehr spezialisiert, findet Stefan schade. Ausgeglichen wird dies aber dadurch, dass er seinen Job und das Institut in der er arbeitet hoch spannend findet.
„Einen typischen Arbeitstag“, stellt Stefan klar, „den gibt es nicht.“ Sicher ist aber, dass er in einem Meeting sitzt, räumt er ein. Das könnte z. B. die Besprechung seiner Arbeitsgruppe im RKI sein, bei der er seinen Kolleginnen und Kollegen Neuigkeiten bezüglich des deutschen Biosicherheitsprogramms aus dem Auswärtigen Amt übermittelt (z. B. zu Projektverlängerungen oder Veranstaltungen). Im Gegenzug nimmt er auch auf, welche Reisen von Seiten des RKI anstehen, die relevant für die Vorgänge im Auswärtigen Amt sind. In einer am gleichen Tag stattfindenden Sitzung im Auswärtigen Amt könnte er diese Informationen beispielsweise weitergeben. Möglich wäre auch, dass er in einer Besprechung mit den Kolleginnen und Kollegen vom GIZ ist, auch um dort Informationen weiterzugeben und einzuholen.
Da der Arbeitsfokus auf biowissenschaftlichen und weniger auf politischen Inhalten liegt, ist ein biologisches Fachwissen essentiell für Stefans Position. Auch ist eine Promotion Voraussetzung für die Einstellung. Stefan hat sich bewusst für eine Promotion entschieden, um später für eine interessante Stelle qualifiziert zu sein. Während seiner Promotion entwickelte er neue Biomarker für illegale Begasungsmittel, die im Warenhandel in Überseecontainern zur Dekontamination eingesetzt werden und Hafen- oder Lagerarbeiter vergiften. Auch über diese Stelle eignete er sich Kenntnisse im Bereich der Biosicherheit an, die in der Ausschreibung seiner Stelle gewünscht waren.
Als eine der wichtigsten Kompetenzen sieht Stefan die Kompetenz ein, sich schnell in neue Arbeitsgebiete einarbeiten zu können und flexibel zu sein. Besonders wichtig sei, dass man unterscheiden kann, welche Informationen z. B. zur Bearbeitung eines Antrags relevant sind und welche Details ignoriert werden können. Dafür ist notwendig zu wissen, wie und wo man zeitoptimiert nach Informationen sucht und sie aufbereitet. Eine zielorientierte und strukturierte Arbeitsweise mit definierten Zielen wie im professionellen Projektmanagement ist dafür unausweichlich.
Stefan arbeitet nonstop mit Menschen zusammen. Eine hohe Relevanz nimmt daher seine Teamfähigkeit ein. „Ohne Teamfähigkeit käme es sehr schnell zu Problemen, da in unserer Arbeitsgruppe sehr eng zusammengearbeitet wird,“ so Stefan. Seine hohe Kommunikationskompetenz und vor allem seine sachliche und objektive Kommunikationsweise unterstützen dabei seinen Arbeitserfolg mit seinen Kolleginnen, Kollegen und Partnern. Da er weltweit agiert, benötigt er auch ausgeprägte interkulturelle Kompetenzen. Ein breites Wissen über sein Gegenüber und dessen Kultur fördert die Zusammenarbeit. Stefan hat für diese Position Erfahrungen in internationaler Zusammenarbeit mitgebracht, die ihm nun nützlich zur Seite stehen. Sein Vorgesetzter schätzt Stefans diplomatisches Geschick, das Stefan, so vermutet er, während seiner Promotion ausgebildet hat. Während seiner Doktorarbeit hat Stefan außerdem gelernt, Anträge zu schreiben und Informationen zu präsentieren.
Sprachlich sollte man englisch verhandlungssicher beherrschen. Auch ist jede weitere Fremdsprache, die man mitbringt sehr hilfreich, insbesondere Französisch.
Aufgrund der Tätigkeiten ist ein Faible für Politik und politische Strukturen ebenfalls von Vorteil. Als absolut notwendig erachtet Stefan gute Kenntnisse über gängige Computer-Software. Viele der aufgezählten Fertigkeiten lernt man aber auch on the Job, behauptet Stefan.
Wer sich allerdings in Details verliert, einen zu perfektionistischen Anspruch an sich selbst hat und wenig Teamgeist mitbringt, wird vermutlich unglücklich in Stefans Position.
Bereits während seines Studiums hat Stefan ein 8-wöchiges Praktikum bei einer Nichtregierungsorganisation in Malawi gemacht. Seine Aufgabe dabei war, Workshops über HIV/AIDS für Mitglieder von Jugendorganisationen zu geben. Im anschließenden Hauptstudium hat sich Stefan in der damaligen Greifswalder Studierendeninitiative Public Understanding of Life Sciences engagiert. Um lebenswissenschaftliche Themen der Öffentlichkeit gegenüber verständlich aufzubereiten, hat Stefan z. B. eine Ausstellung über Biowaffen organisiert. Hierfür hat er vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin eine Ausstellung nach Greifswald an seine Universität gebracht und sie mit einer Podiumsdiskussion zum Thema abgerundet. Stefan schätzt, dass u. a. auch diese Tätigkeit relevant dafür war, dass ihm seine jetzige Stelle angeboten wurde.
Um die Zeit zwischen seinem Studium und einer potentiellen Promotionsstelle sinnvoll zu überbrücken, hat Stefan sich nach einem Praktikum im Ausland umgeschaut. Erfolg hatte er bei den Vereinten Nationen, die ihm einen 4-monatigen Praktikumsplatz in Sambia im United Nations Development Program (UNDP) anboten. Im Rahmen des Praktikums schrieb er einen Bericht über die Effektivität einer Nichtregierungsorganisation, die vom UNDP finanziert wurde.
Im RKI kann Stefan Weiterbildungen für sich beantragen. In diesem Rahmen hat er bereits mehrere Weiterbildungen durchlaufen, die für seine Arbeit förderlich waren. Einen internen Projektmanagement-Workshop empfand er in Bezug auf Kenntnisse von Begrifflichkeiten hilfreich. Eine Woche war er auch auf einer Summer School in Den Haag, Niederlanden, um sich zu den politischen Hintergründen chemischer und biologischer Waffen weiterbilden zu lassen. Er hat außerdem an einem Französischkurs und einem Kurs zu interkultureller Kompetenz teilgenommen.
Aufgrund der Menge an Arbeit, die für ihn anfällt, leistet Stefan konstant 30 – 45 min Überstunden am Tag. Die Ausnahme bilden Tage, an denen Wichtiges zu erledigen ist und er auch mal bis 22 Uhr im Büro arbeitet. Das Positive, das sich aus diesen Überstunden ergibt, ist die Möglichkeit, diese über Gleitzeit oder freie Tage wieder abzubummeln. Reisezeit zählt vertraglich nicht als Arbeitszeit, so dass er für die Reisezeit keine Überstunden anrechnen kann. Im Durchschnitt ist Stefan alle 2 Monate für 2 Tage unterwegs, längere Auslandsaufenthalte bilden eher die Ausnahme. Die Reisen werden vorher mit ihm abgestimmt. Sollte er einmal keine Zeit haben, fährt ein Kollege oder eine Kollegin für ihn. Einige Reisen jedoch sind verpflichtend.
In seiner Arbeitsgruppe gibt es die Möglichkeit einen Telearbeitsplatz zu nutzen, d. h. die Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten. Dieses Angebot wird von einem Teammitglied einmal in der Woche genutzt. Auch wenn in seiner Arbeitsgruppe noch niemand in Teilzeit gearbeitet hat, schließt Stefan diese Möglichkeit nicht aus. Derzeit besteht in seiner Arbeitsgruppe ein Frauenüberschuss.
Familienunfreundlich stellen sich die vielen unbefristeten Verträge da, die z. B. schwer mit einer Elternzeit zu vereinbaren sind.
Stefan schätzt die Expertise, die er sich im Laufe seiner Tätigkeit angeeignet hat, für neue Arbeitgeber wie dem Gesundheitsministerium, der Weltgesundheitsorganisation, den Vereinten Nationen oder anderen politischen Organisationen als attraktiv ein.
Seine derzeitige Position wird nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienst (Bereich Bund), Entgeldstufe 14 bezahlt. Sein Gehalt findet den Tätigkeiten gegenüber angemessen.
Stefan empfiehlt Interessierten, sich auch Erfahrungen im Bereich von Biosicherheit anzueignen. Er ist davon überzeugt, dass sein Engagement in der Studierendeninitiative Public Understanding of Life Sciences und der damit verbundene Erkenntniserwerb über Biowaffen ausschlaggebend für seine Einstellung war. Auch seine Erfahrungen im Ausland und bei den Vereinten Nationen sind sicherlich förderlich für seine Einstellung gewesen.
„Mach’ nur das, was Dich interessiert, ohne dabei mögliche Perspektiven aus den Augen zu verlieren.“
• Studium: Humanbiologie in Greifswald (Diplom); Hauptfach: Virologie/Mikrobiologie, Nebenfächer: Umweltoxikologie & Humanökologie und Humangenetik
• Praktikum bei YONECO, Malawi
• Praktikum am Friedrich-Löffler-Institut, Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen bei Tieren, Insel Riems
• Promotion beim Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Arbeitsgruppe Arbeitstoxikologie und Maritime Medizin, Arbeitsgruppe Arbeitstoxikologie
• Praktikum bei den Vereinten Nationen, United Nations Development Program, Sambia
• Post-Doc am Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Arbeitsgruppe Arbeitstoxikologie und Maritime Medizin, Arbeitsgruppe Arbeitstoxikologie
Das Interview wurde im Dezember 2015 geführt.