Geschäftsstellen- & Ressortleiter „Ausbildung & Karriere“, Mitgliederservice, VBIO

„Am meisten Spaß an meinem Job macht mir die Vielfalt der Aufgaben.

– Dr. Carsten Roller, Geschäftsstellenleiter & Ressortleiter „Ausbildung & Karriere“, Mitgliederservice, VBIO –

Wenn jemand wie Carsten schon 25 Jahre für den Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO) tätig ist, dann weiß er ganz genau, wovon er spricht. Mit Carsten haben wir einen Interviewpartner gefunden, dem man in Sachen Bio nicht so schnell etwas vormachen kann. Er ist bestens vernetzt und es bereitet ihm große Freude, sein Wissen zu teilen und an relevanter Stelle einzubringen. Aber der Reihe nach.


Der VBIO hat zwei Geschäftsstellen mit jeweils zwei Mitarbeitenden. Eine in München, in der auch Carsten arbeitet, und eine in Berlin. Während in Berlin der Fokus auf der Zusammenarbeit mit Politik und Gesellschaft sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit liegt, werden in München schwerpunktmäßig Aufgaben zur Mitglieder- und Finanzverwaltung, Ausbildung und Karriere übernommen. Dort kümmert man sich daher besonders um die Pflege der über 5500 individuellen Mitglieder des Verbands, der 70 kooperierenden Fachbereiche und Firmen und der 25 institutionellen Fachgesellschaften und die komplette Abwicklung aller finanziellen Angelegenheiten. Ein weiterer Schwerpunkt in München ist die Arbeit rund um die Themen Karriere und Ausbildung. Außerdem wird in München die Zeitschrift „Biologie in unserer Zeit“ herausgegeben und die Interessensvertretung auf Landesverbandsebene betrieben.


KERNGESCHÄFT


Mitgliederverwaltung und -betreuung


Die Mitgliederverwaltung beim VBIO läuft über ein professionelles digitales Verwaltungssystem, welches die Namen, Adressen, Mailadressen und Telefonnummern aller Mitglieder beinhaltet und das immer auf aktuellem Stand gehalten werden muss, da der VBIO für sein inhaltliche Arbeit intensiv mit seinen Mitgliedern im Kontakt steht.
Wenn nun Professorin X, Dr. Y oder Studierende Z anruft, um eine Umzugsmeldung durchzugeben, muss das im System aktualisiert werden. Carsten berichtet dazu aus seinem Alltag: „Meistens haben die Mitglieder dann auch noch ein anderes, eher fachliches Problem. Es ist daher auch gut, wenn man bei der Bearbeitung der Mitgliederverwaltung einen biologischen Hintergrund hat. Zum Beispiel bei der Studentin, die sagt, sie sei neu in der Stadt und dann nach Tipps fragt: ‚Wie komme ich hier unter Leute/Gleichgesinnte?‘ Oder jemand anderes, der fragt: ‚Ich bin jetzt hier und will einen neuen Job. Können Sie mir da Tipps geben?‘ Hier hilft es, dass wir selbst eine biowissenschaftliche Ausbildung haben und mit fachlich fundierten Informationen und Kontakten weiterhelfen können. Durch Corona ist das sogar einfacher geworden nicht nur Einzelnen weiterzuhelfen, sondern auch sehr kurzfristig aktuelle Themen wie den Quereinstieg ins Lehramt adressieren zu können. Dann machen wir per Telefon oder Mail innerhalb von wenigen Tagen passende Experten ausfindig, und organisieren schnell mal ein Zoom-Webinar mit 500 Teilnehmenden.“ Digitalisierung spart uns hier viel Zeit und Ressourcen.


Mahnwesen


Sollten die Mitglieder – aus welchen Gründen auch immer – einmal mit dem Bezahlen ihrer Mitgliedsbeiträge säumig sein, kümmert sich Carsten ebenfalls darum. Dabei gilt es, immer freundlich, aber auch bestimmt zu bleiben.
Rechnungswesen
Das gesamte Rechnungswesen des VBIO läuft über den Schreibtisch von Carsten. „Ein Etat von ca. 500.000 € muss sorgfältig verwaltet werden„, so Carsten. Jede einzelne Ausgabe, seien es Reise-, Veranstaltungs- oder Personalkosten, muss belegt sein und einer bestimmten Kostenstelle zugeordnet und auch steuerrechtlich eingeschätzt werden. Der VBIO ist schließlich als gemeinnütziger Verband jederzeit auskunftspflichtig.
Die Digitalisierung des Rechnungswesens hat Carsten zusammen mit einer Kollegin eingeführt. Diese muss nun fortgeführt und weiterentwickelt werden. Auch muss zum Ende jedes Haushaltsjahres ein Jahresabschluss vorgelegt werden. Als Geschäftsstellenleiter übernimmt diese wichtige Aufgabe ebenfalls Carsten.


Vorstandsarbeit


Dem VBIO steht ein Präsidium vor, mit Präsident, Schatzmeister, und zwei Vizepräsidentinnen, die auch die Interessen der Landesverbände bzw. Fachgesellschaften vertreten. Präsident und Präsidium geben die inhaltlichen Ziele vor, die dann von den hauptamtlichen Mitarbeiter/innen der Geschäftsstellen im Benehmen mit den Gruppierungen des Verbandes umgesetzt werden. So unterstützen die Geschäftsstellen z. B. Landesverbände bei der Veranstaltung von Biologentagen oder bei der Auswahl und Betreuung von Preisträger:innen wie den bis zu 500 Abiturientenpreisträger:innen jährlich.
Das Präsidium wird von den Geschäftsstellen des VBIO unmittelbar betreut. Das heißt, hauptamtliche Mitarbeiter schreiben nicht nur Protokolle für die monatlichen Sitzungen sondern bringen sich dabei mit ihrer fachlichen Expertise ein. Die Geschäftsstellen des VBIO sind jedoch nicht stimmberechtigt, da dies ehrenamtlichen Funktionsträger:innen vorbehalten ist.

Der VBio hat einen eigenen Vorstand, beteiligt sich aber darüber hinaus in diversen anderen Gremien auf Bundes- und EU-Ebene.


Die Landesverbände des VBIO agieren weitestgehend autonom, werden aber von den Geschäftsstellen unterstützt, da sie mit ihren individuellen Mitgliedern das Rückgrat des Verbandes bilden. Die Fachgesellschaften sind juristisch völlig eigenständige Vereine, haben meist eigene Geschäftsstellen und arbeiten mit dem VBIO inhaltlich vor allem bei solchen Themen zusammen, für die eine kleine Fachgesellschaft allein nicht genügend öffentliche Aufmerksamkeit bekommt. Auch dort bringen sich die Geschäftsstellen mit ihrer Expertise ein, sei es inhaltlich z. B. bei der politischen Auseinandersetzung um Themen wie Gentechnik, Tierversuche oder Biodiversität aber auch bei berufsständischen Fragestellungen wie der Zulassung von Biolog:innen zu bestimmten Berufsfeldern oder auch Gesetzesnovellen wie zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Wir helfen auch bei Anfragen zu Neugründungen von Fachgesellschaften mit Informationen zu Formalitäten, Prozessen und Satzungszwecken.


Veranstaltungswesen


Der VBIO richtet eigene Veranstaltungen aus und nimmt an Veranstaltungen anderer Anbieter teil. Darunter fallen regelmäßig stattfindende Veranstaltungen aber auch solche, die nur ein Mal ausgerichtet werden.


Eigene Veranstaltungen


Unter den von Carsten selbst ausgerichteten Veranstaltungen fallen zum Beispiel Informationsveranstaltungen für die allgemeine Bevölkerung oder für spezielle Gruppen. Letztere können spezielle Fortbildungen für Lehrer:innen oder Berufsfeldinformationsveranstaltungen sein. Zu den Aufgaben, die Carsten hier übernimmt, gehören: Themen finden, Referent:innen finden, sich ggf. um die Bewerbung der Veranstaltung kümmern, wenn eine hohe Teilnehmendenquote kein Selbstläufer ist und – insbesondere bei digitalen Veranstaltungen – für einen reibungslosen technischen Ablauf sorgen.

Der VBio richtet eine Reihe an Veranstaltungen aus, u. a. für die allgemeine Bevölkerung aber auch für spezielle Gruppen wie Lehrer:innen


Carsten führt hierzu aus: „Im digitalen Raum machen wir es relativ zentralisiert in München. Wir haben einen eigenen Zoom-Kanal, der entsprechend ausgestattet ist. Gerade die oft interaktiven Soft-Skill-Seminare benötigen Möglichkeiten für Abstimmungen oder extra Räume für Kleingruppenarbeit.“ Er ergänzt: „Wir haben auch Landesverbände, die ortsspezifische Veranstaltungen machen, die dann stärken lokal beworben werden müssen.


Veranstaltungen anderer Anbieter


Carsten ist für den VBIO ist viel unterwegs, um Kontakt zu Studierenden oder Schüler:innen zu suchen. Vorrangig erfolgt dies durch seine Teilnahme an Jobbörsen, die entweder online oder in Präsenz stattfinden. Mit dabei sind dann auch andere Mitglieder des VBIO. Bei Präsenzveranstaltungen hat Carsten dann Sack und Pack an Bord und stellt am Stand des VBIO seinen mobilen Aufsteller mit Informationen zum VBIO auf und sucht den Kontakt zu den Besucher:innen der Jobbörse. „Das sind ein gutes Dutzend Veranstaltungen im Jahr, bei denen wir meist als Kooperationspartner teilnehmen„, berichtet Carsten. Aber auch Schülertage fallen unter diese Veranstaltungen. Dort unterstützt Carsten bei Fragen wie ‚Willst Du studieren oder lieber eine Ausbildung machen?‘ oder ‚Welches Studium kannst Du Dir vorstellen?‘

Carsten ist immer wieder auf Jobmessen und Karriereveranstaltungen unterwegs. Hier berät er Studierende und Schüler:innen bei der Wahl der Ausbildung.


Weitere Veranstaltungen, an denen Carsten für den VBIO teilnimmt, sind solche von Fachgesellschaften, die beim VBIO Mitglied sind oder die Landesbiologentage. „Bei den Jahrestagungen der Fachgesellschaften ist oft der VBIO eingeladen. Da entscheiden wir im Benehmen mit dem Präsidium, wer konkret teilnimmt, ob wir dann entweder einen Stand aufmachen oder ein Grußwort oder einen inhaltlichen Vortrag anbieten,“ erzählt Carsten. „Die Landesbiologentage werden oft vor Ort organisiert aber wir helfen meist mit, im Vorfeld Referent:innen zu beschaffen oder vor Ort Stände oder Technik zu organisieren.“
Gerade hat unsere Berliner Geschäftsstelle eine Online-Tagung zusammen mit dem Dachverband der Geowissenschaften organisiert. Daran haben nicht nur deutsche sondern auch internationale Schulen teilgenommen. Da mussten wir wegen der Zeitverschiebungen Aufzeichnungen machen. Und standen plötzlich vor dem Problem, dass wir Gigabytes an Daten hatten, die irgendwohin mussten, so dass sie für die Teilnehmenden abrufbar sind“, stellt Carsten einige Herausforderungen dar, die bei der Ausrichtung von Veranstaltungen an ihn gestellt werden.


Veröffentlichungen


Wie bereits oben erwähnt, hat der VBIO eine eigene Verbandszeitschrift, „Biologie in unserer Zeit“. Die Herausgabe der Zeitschrift ist ein größeres Aufgabenpaket. „Wir haben ein Editorial Board und eine Chefredakteurin, die die Beiträge zur Zeitschrift über einen Werkvertrag zusammenstellt und das Layout mit der Druckerei koordiniert. Wir müssen ihr inhaltlich zuliefern, also z. B. die Themen auswählen und dann entweder selbst Texte schreiben oder Leute finden, die einen Beitrag schreiben. Alle drei Monate müssen 100 Seiten voll sein und im Idealfall noch Werbekund:innen gefunden werden, um die Druckkosten zumindest teilweise zu refinanzieren.
Der VBIO erstellt auch selbst Publikationen, z. B. „Deine Zukunft Biowissenschaften“, ein ca. 30-seitiges Heft zum Selbststudium für alle, die Interesse an einer Tätigkeit im Bereich Biowissenschaften haben. Carsten verrät uns: „Longseller ist unsere Berufsorientierungsbroschüre ‚Perspektiven – Berufsfelder von und für Biologen und Biowissenschaftler‘, die wir bereits in der 10. Auflage zusammengestellt haben. Dort kommen auf über 200 Seiten 78 Biologinnen und Biologen zu Wort, welchen Berufsweg sie nach dem Studium eingeschlagen. Keiner gleicht dem anderen, aber jeder Lebenslauf hilft Studierenden und Absolvent:innen den eigenen Weg zu finden. Daher sind die Beiträge im Buch nicht anonym erfasst, sondern man kann die jeweiligen Autor:innen direkt kontaktieren. Die ‚Perspektiven‘ sind unser beliebtestes Begrüßungsgeschenk für Neumitglieder.“


Karriere und Ausbildung


Carsten macht es Spaß, Leuten dabei zu helfen, herauszufinden, welcher Berufstyp sie sind: „Ich versuche, mit allen möglichen Medien das den Leuten ab dem Bachelor-Studium beizubringen.“


Biologie-Studium und Studienentwicklung


Informationen zum Biologie-Studium und alles, was drum herum für den Berufseinstieg und die Karriere wichtig ist, stellt Carsten auf der VBIO-Seite www.master-bio.de zur Verfügung. Von Schwerpunkten im Bio-Studium über Berufsfeldinformationsveranstaltungen hin zu Soft-Skill-Seminaren wird dort alles aufgeführt bzw. angeboten.
Zusätzlich beschäftigt sich der VBIO zusammen mit der „Konferenz biologischer Fachbereiche“ (KBF) mit allem, was mit Bologna und dem Studium zusammenhängt. Auch hier ist Carsten Ansprechpartner für den VBIO, der seit Beginn des Bologna-Prozesses die Einführung der gestuften Studiengänge Bachelor und Master begleitet. Eine besondere Rolle spielt hier die Akkreditierung von Studiengängen, wo der VBIO mithilft, die Qualität der Studiengänge zu bewerten und die Lehrqualität kontinuierlich zu steigern. Hier hat Carsten federführend den „Fachkanon Biologie“ zusammengestellt, um Mindeststandards für das Biologiestudium festzulegen. Hier wurde mit der KBF in einem Konsensverfahren vereinbart, diese Standards zu setzen, um jedem Biologiestudierenden eine allseits anerkannte, breite umfassende Ausbildung im Bachelor zu ermöglichen und damit das Fundament zu legen für einen weiterführenden Master-Studiengang oder für einen erfolgreichen Berufseinstieg“.
Carsten beschreibt hierzu das Vorgehen: „Das muss mit vielen abgestimmt werden, alle müssen zustimmen können, denn wir wollen ja einen Standard setzen, der an allen Standorten akzeptiert werden kann. Zuletzt wurde der ‚Fachkanon Biologie‘ 2021 novelliert. Darin sagen wir z. B., dass die Bioinformatik so eine Bedeutung bekommen hat, dass zumindest Datenmanagement einen Anteil im Studium haben muss. Weil wenn ein Studierender im Studium kein ‚Big Data‘ mitbekommt, dann fehlt ihm etwas. Dabei muss man immer abwägen, weil das Studium auch nicht überfrachtet werden darf. Es muss entschieden werden: Was ist wirklich wichtig, was ist ’nice to have‘?“ Carsten arbeitet dazu kontinuierlich mit den weiteren Zuständigen an der Thematik: „Dieser Prozess ist nicht an Jahreszahlen gebunden. Man trifft sich dazu mindestens einmal im Jahr, wenn ein Thema akut wird und dringend Abhilfe geschaffen werden muss, auch mal öfter hintereinander.“

Bioinformatik nimmt gesellschaftlich immer mehr Relevanz ein. Aber wie viel muss davon künftig in einem Bio-Studium vermittelt werden? Auch hierzu bringt sich der VBio ein.


BTA-Ausbildung


Im Arbeitskreis „BTA-Ausbildung“ (AK-BTA-Ausbildung) haben sich die Lehrkräfte zusammengeschlossen, die angehende Biologisch-technische Assistent:innen (BTA) an speziellen Berufsschulen unterrichten. Hier geht es darum, dass die Ausbildung von BTA immer anspruchsvoller wird. Carsten als Ressortleiter Ausbildung & Karriere und der AK BTA-Ausbildung sind Ansprechpartner für Firmen die gezielt technisches Personal wie BTAs suchen. Aus der Zusammenarbeit berichtet Carsten folgendes: „Die Unternehmen sind froh, wenn wir fragen ‚Was braucht ihr? Was müssen die BTA können?‘ Da sind wir im intensiven Dialog mit den Unternehmen.


Lobbying


Als wären die oben genannten Aufgabenbereiche nicht schon breit gefächert und ressourcenintensiv genug, bringt sich Carsten zudem noch in gesetzliche Entwicklungen auf bundes- und EU-Ebene ein. Dabei geht es zum Beispiel um Themen wie die Biostoffverordnung, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das Nagoya-Protokoll oder die Technikfolgenabschätzung. Carsten erläutert hierzu: „Wir müssen nicht alles im VBIO selbst können oder wissen. In einigen Fällen reicht es, wenn wir wissen, wen wir ansprechen können und Personen bitten, in bestimmte Gremien die Interessen des VBIO zu vertreten. Wir stecken dann unsere Position als Verband mit der sachverständigen Person ab und schauen, dass wir da konform gehen. Bei der Biostoffverordnung kam z. B. meine eigene Expertise als Mikrobiologe und Umwelttoxikologe zum Tragen. Man kann nicht erwarten, dass in den Fachministerien die entsprechende Fachexpertise sitzt, aber da müssen fachlich versierte Biolog:innen beteiligt sein. Das war insgesamt auch eine größere Sache, an der neben Expert:innen aus der Biologie und Medizin auch Vertreter:innen der Behörden, Berufsgenossenschaften, Versicherungen, Arbeitgebern und Gewerkschaften mehr als 15 Monate gearbeitet haben. Auch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz kommt alle paar Jahre auf den politischen Prüfstand und der Politik muss klar gemacht werden, dass gerade die Wissenschaft auf verlässliche Karrierechancen für den Nachwuchs angewiesen ist. Beim Nagoya-Protokoll sind wir bereits seit über zehn Jahren am Thema dran. Es geht um den Wert von Biodiversität, sowohl für die Umwelt als auch um den reinen Materialwert. Es geht um Biopiraterie und um gerechte Verteilung von Gewinnen und zu guter Letzt um die Bewahrung der Biodiversität als gemeinsames Erbe. Aufgrund der viel breiteren Thematik mussten wir mit anderen Playern sprechen, mit im Ausland Forschenden und Leuten, die mit biologischem Material aus dem Ausland arbeiten wollen. Wir mussten eine gemeinsame Linie finden und das nicht nur national, sondern international. Das ist bis heute schwierig, da es viele Personen mit finanziellen Hintergedanken und diplomatische Interessen gibt. Als Letztes Beispiel kann man die Technikfolgenabschätzung nennen. Hier geht es zum Beispiel um Gefährdungsbeurteilungen von neuen Technologien wie der CRISPR/Cas-Methode. Vor- und Nachteile müssen abgewogen werden und geklärt werden, ob man eine Methode verteufeln will, oder ob es nicht eher darum geht, vom Endprodukt aus zu klären ob und welche Gefährdungen ausgehen könnten und zu einer objektiven Beurteilung zu kommen. Hier spielt eine optimale Wissenschaftskommunikation eine große Rolle, da in Gesetzen und Verordnungen nicht sichergestellt werden kann, dass die Gesamtbevölkerung bei einem Thema mitgenommen werden kann. Das ist sehr spannend mit der Bevölkerung in einen Dialog zu treten.
Die Arbeit an politisch spannenden Themen kann aber auch ermüdend sein: „Oft muss man hunderte Seiten von Verordnungstexten und Gutachten der Europäischen Union z. B. zur grünen Gentechnik durcharbeiten. Das liegt dann eher bei uns Hauptamtlichen. Denn wir haben Erfahrungen darin, zu lesen, was zwischen den Zeilen steht. Oder manchmal müssen wir Gerichtsurteile und andere juristische Texte auf Englisch lesen. Das ist für uns Naturwissenschaftler nicht immer leicht zu beurteilen. Dazu müssen wir uns notfalls mit entsprechenden Kolleg:innen abstimmen: ‚Kann man das durchwinken oder müssen wir uns auf die Hinterbeine stellen? Ich muss da abwägen zwischen ‚Kann ich es selbst? Kann ich es delegieren? Ist es überhaupt relevant für uns?‚“

TYPISCHER ARBEITSALLTAG


Laut Carsten gibt es in seinem Job keinen typischen Arbeitsalltag: „Das ist das Schöne. Dass ich jeden Tag ins Büro komme und denke, ach, jetzt will ich das und das machen, routinemäßig, und dann kommt – Rumms – ein anderes hochaktuelles Thema und man muss ganz schnell reagieren.“ Wer aber denkt, es gebe in Carstens Job keine Routine, der oder die täuscht sich. „Routineaufgaben müssen natürlich auch gemacht werden. Aber richtig spannend wird es durch die Vielfältigkeit im Job.“ so Carsten.


FACHLICHE KOMPETENZEN

Fachliche Voraussetzungen im Sinne von bestimmten fachlichen Kenntnissen, die man mitbringen muss, gibt es auf dieser Position als Verbandsbiolog:in nicht. Jedoch sollte man möglichst breit aufgestellt sein und auch verhandlungssicher Deutsch und Englisch können. 
Eine Promotion ist nicht verpflichtend, aber hilfreich u. a. wegen der Reputation und des Netzwerkes, das man mitbringt. Carsten schätzt das eigene Netzwerk für seine Position als sehr wichtig ein und erklärt zur Promotion: „Wenn man im Landtag als Experte eingeladen wird, wäre es schon gut, wenn man eine Promotion mitbringt und womöglich sogar zum Thema selbst im Labor gearbeitet hat. Zumindest muss man sich schnell von echten Experten auf den neuesten Stand bringen lassen und dabei vermeiden eigene Meinungen über objektive Fakten zu stellen.“


SCHLÜSSELKOMPETENZEN

Carsten schätzt die überfachlich notwendigen Kompetenzen wie folgt ein: „Man sollte zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Worte finden.“ Dafür braucht man ein gewissen Gespür. Ebenfalls ist es seiner Meinung nach wichtig, bei Veranstaltungen an den entsprechenden Dress Code angepasst zu sein. Genauso verhält es sich seiner Meinung nach mit der Sprache: „In einem ministerialen Umfeld spricht man anders als mit Universitätsvertreter:innen oder mit einem Studierenden. Es braucht ein gewisses Fingerspitzengefühl, das man entweder hat oder ‚on the job‘ erlernt. Man muss sich in entsprechenden Gremien bewegen können. Ich kenne eine ganzer Reihe von Studierenden, die in bestimmten Universitätsgremien erste politische Erfahrungen gesammelt haben und nun inzwischen in der Politik an vorderster Front mitmischen können.
Auch empfindet Carsten die Kompetenz des Netzwerkens als essentiell. Man muss in der Lage sein, sein Netzwerk kontinuierlich auszubauen und zu pflegen. „‘Man trifft sich immer zweimal‘ bedeutet in unserem Geschäft, dass jeder Kontakt wichtig ist oder wichtig werden kann. Ich hab schon manchen Zufallsbekannten später in einer wichtigen Funktion z. B. als Staatssekretär wiedergetroffen. Da hat man dann einen Vertrauensvorsprung in nachfolgenden Verhandlungen. Berührungsängste mit ‚Großkopferten‘ darf man nicht kennen. Da muss man locker und professionell bleiben“.
Über einen neuen Kollegen, der seit ein paar Monaten den VBIO unterstützt, sagt Carsten außerdem: „Er bringt einige Kompetenzen mit, die gut für uns sind z. B. sich an völlig neue Themen rantrauen, wenn man mal unsicher ist offen nachfragen, die eigenen Grenzen erkennen, aber sich davon nicht einschüchtern lassen.

BERUFSEINSTIEG


Den Einstieg beim Biologenverband, der damals noch Verband deutscher Biologen – VDBiol hieß, hat Carsten über Vitamin B, in seinem Falle über einen ehemaligen Kollegen, geschafft. Damals hatten beide bei Roland Berger Consulting gearbeitet. Durch den Kollegen hat sich für Carsten die Chance beim VDBiol aufgetan, die er konsequent genutzt hat. Carsten konnte nach einem ersten mehrmonatigen Projekt, dem „Studienführer Biologie“, weiter punkten, da er biologisch-fachlich so breit durch seine vorherigen Tätigkeiten als Post-Doc aufgestellt war: „Das hat der Biologenverband erkannt und mich gehalten.
Seinen Start beim VDBiol beschreibt Carsten wie folgt: „Ich bin dort zunächst als Praktikant eingestiegen. Damals habe ich erst über das Arbeitsamt eine Förderung bekommen um Daten aller Fachbereiche für einen Studienführer zu sammeln. Nach zwei Jahren hat der Verband gesagt: ‚Jetzt müssen wir dem eine Festanstellung anbieten, weil sonst ist der weg.‘ Das stimmte auch.“ Auch wenn also bei einer Bewerbung nicht gleich eine Festanstellung winkt, sieht man an diesem Beispiel, dass sich der Weg über ein Praktikum oder über eine befristete Stelle lohnen kann, um einen Fuß in die Tür zu kriegen.
Der VBIO nimmt gerne Praktikant:innen, aber auch als ehrenamtliche Mitarbeiter:innen arbeiten Studierende in Arbeitskreisen und sogar im Präsidium mit. Carsten sagt ganz klar, dass man beim VBIO auch als Berufseinsteiger:in eine Chance bekommen kann. Anfangen würde man dann mit bestimmten Aufgaben, wie zum Beispiel Internetrecherchen, später dann mit Messebesuchen und dann kann man sich nach und nach anderen, verantwortungsvolleren Aufgaben widmen. Hauptsache man ist sich für nichts zu schade, sondern sieht in Allem erst mal die Chance etwas dazuzulernen.

WORK-LIFE-BALANCE


Gefragt nach seiner Work-Life-Balance stellt Carsten ganz klar fest: „Der VBIO ist kein 40-Stunden-Job. Ich habe regelmäßig 50-Stunden-Wochen oder eine mehrtägige Veranstaltung übers Wochenende in einer anderen Stadt. Aber dafür nehme ich im Sommer, wenn nicht so viel los ist, auch konsequent Ausgleichstage. Überstunden werte ich als ehrenamtliches Engagement, da ich auch individuelles Mitglied im Verein bin. Einige Termine sind durch die ehrenamtlichen Tätigkeiten von den Fachgesellschaften auch mal zu Randzeiten. Da muss man halt aufpassen, dass es nicht ausartet.
Bezüglich seiner Tätigkeiten an anderen Orten berichtet er, dass er unterschiedlich extern unterwegs ist, z. B. in einer Woche an drei Tagen, in anderen gar nicht, oder wie im Mai 2023 mal schnell übers verlängerte Wochenende in Kiel bei der Bundesfachschaftentagung. Da entschädigt das gute Wetter an der Ostsee und die netten Studierenden die 1600 km Wegstrecke.

Carsten ist durch seinen Job viel unterwegs und fährt dafür quer durch Deutschland.


Zu reduzierter Wochenarbeitszeit teilt Carsten mit: „Man kann ohne Probleme in Teilzeit sowie auch Vollzeit im VBIO arbeiten. Arbeit genug dafür ist vorhanden. Hier ist Abgrenzung ratsam.“ Er führt dazu weiter aus: „Durch Homeoffice sind auch Arbeitsbereiche möglich, die sich mit Familienarbeit vereinbaren lassen. Eine Kollegin macht das gerade so. Ein anderer hat zwei Teilzeitjobs kombiniert.“

 


GEHALT & CO

Carstens Bezahlung erfolgt in Anlehnung an den Tarifvertrag der Länder in der Entgeltgruppe 15. Er findet sein Gehalt angemessen gegenüber seinen vielfältigen Tätigkeiten, räumt aber auch ein, dass es nicht vergleichbar sei mit Gehältern in der Industrie. „Im Vergleich„, sagt er, „ist mein Spaßfaktor allerdings höher und ich habe weniger Druck im Bereich Finanzen oder Personalführung, weil über mir ja noch das Präsidium den Kopf hinhalten muss.“ Als gemeinnütziger Verein, der sich hauptsächlich durch sein Mitgliedsbeiträge finanziert und der auch vermeiden will zu sehr von Drittmittelgebern abhängig zu sein, schwimmt der VBIO nicht im Geld. Daher sind neue Stellen nur denkbar, wenn die finanzielle Basis verbreitert werden kann. Dazu sind alle Biowissenschafter:innnen aufgefordert, mitzuhelfen.


DIE KARRIERELEITER

Zur Karriereleiter im VBIO lässt Carsten wissen: „Als Einsteiger kann z. B. mein neuer Kollege, wenn er Lust hat und dabei bleibt, seine Stundenzahl bis auf Vollzeit aufstocken und in ein paar Jahren sogar meine Stelle als Ressortleiter oder als Geschäftsstellenleiter übernehmen.“ Er weist zudem auf folgendes hin: „Aufsteigen kann man auch, indem man den VBIO als Sprungbrett nutzt und woanders durchstartet. Zum Beispiel ist eine ehemalige Kollegin nun Kommunikationschefin bei einem Industrieverband und ein anderer Kollege inzwischen Chefredakteur einer Fachzeitschrift. Andere Kolleg:innen haben Karriere gemacht auf Stabsstellen von Hochschule, z. B. in der Studiengangskoordination oder im Karriereservice.

TIPPS FÜR BERUFSEINSTEIGER:INNEN


Auch im sogenannten Hauptstadtstudio des VBIO in Berlin können Interessierte hospitieren oder ein Praktikum machen. Der VBIO arbeitet auch mit freien Autoren zusammen, die an der Verbandszeitschrift mitarbeiten oder nur so mal reinschnuppern. Je nachdem, wie das Interesse gelagert ist.

RAT AN MEIN STUDIERENDES ICH


Nimm alles mit, was du an der Uni kriegen kannst! An so tolle Informationen und Bildungsangebote – so werthaltig und preiswert – kommst du nie mehr ran. Nur das Standard-Studium zu machen, das machen 100 andere auch. Wie will man da hervorstechen? Versuche noch so viel wie möglich im Studium mitzunehmen, was dir Spaß macht. Man kann nichts Falsches machen. Das, was man nicht macht, verpasste Chancen, sind falsch.


BISHERIGER WERDEGANG

Das Interview wurde im September 2022 geführt.