Ihr habt euch schon immer gefragt, wie eine langfristige Karriere nach dem Biologie-Studium aussehen könnte? Ihr seid neugierig auf die Expertise einer erfahrenen Biologin? Ihr fragt euch, wie Job und Familie unter einen Hut zu bekommen sind? Oder ihr interessiert euch für klinische Forschung am Patienten? Dann seid ihr in diesem Interview genau richtig! Wir haben den Werdegang einer Clinical Project Managerin beleuchtet, die schon seit über zwanzig Jahren im Bereich klinischer Studien arbeitet und euch alles über den Einstieg in die Pharmaindustrie, die Arbeit als Clinical Research Associate und Clinical Project Manager:in, und die Balance zwischen Familie und Beruf erzählen kann. Seid gespannt auf viele interessante Einblicke in ihren beruflichen Werdegang!

Der schönste Erfolg einer Karriere ist es, wenn man zurückschauen und sagen kann: Ja, alles richtig gemacht.
Der Werdegang: Kennenlernen, aktuelle Position, und ursprüngliche Pläne
Herzlich willkommen! Schön, dass Sie dieses Interview mit uns machen. Fangen wir doch mit einem kurzen Kennenlernen an. Wer sind Sie? Was ist Ihr Abschluss? Wie viele Jahre sind Sie schon berufstätig?
Mein Name ist C. T. G. Ich arbeite momentan als klinische Projektmanagerin oder Clinical Research Manager bei der Firma MSD Sharp & Dohme GmbH. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder, zwei Enkelkinder. Ein Kind studiert, die andere wird Grundschullehrerin mit zwei kleinen Kindern im Gepäck, was sehr anspruchsvoll ist. Ich bin von der Ausbildung her Biologin, habe vorher aber als Bankkauffrau sechs Jahre lang gearbeitet. Dann habe ich ein Jahr als Springer gearbeitet. Springer ist, wenn man praktisch nach der Ausbildung einfach da eingesetzt wird, wo Bedarf ist. Da bin ich von einer Filiale zur nächsten gehüpft und hab immer das gemacht, wo gerade jemand gebraucht wurde. Ich war dann noch drei Jahre Kundenberaterin und habe dort meinen Bankfachwirt nachgemacht. Um dann festzustellen, dass ich eigentlich nach dem Abitur hätte studieren sollen. Ich wollte Chemie studieren. Mein Papa hat gemeint, Du warst doch gut in Mathe, mach doch eine Banklehre, das ist doch super. Joah, war nicht so super. Also ein kleiner Tipp an alle, die einen Beruf oder eine Ausbildung suchen: Macht das, was ihr wollt, woran ihr Spaß habt. Nicht das, was eure Eltern euch sagen. Und ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man das macht, was einem Spaß macht, ist man auch gut. Wenn man was macht, wo man nicht Spaß dran hat, ist man meistens auch nicht ganz so gut. Man kann dann natürlich viel machen mit Energie und Arbeitsaufwand, aber es funktioniert meist nicht ganz so toll.
Da ich ein ehrgeiziger Mensch bin, habe ich wie gesagt diese Bankfachwirtausbildung noch nebenberuflich zusätzlich gemacht. Was der große Vorteil bei der Bank war, und was auch außerhalb der Bank nützlich ist, sind diese Verkaufsseminare. Personenführung, wie gehe ich mit Leuten um, wie gehe ich mit schwierigen Kund:innen um. Also das sind Erfahrungen – das sage ich meinen Kindern auch, die waren beide während der Schulzeit Verkäuferinnen beim Bäcker – diese Erfahrung, die braucht man sein ganzes Leben. Es gibt so viele seltsame Menschen und man muss einfach lernen mit denen umzugehen, denn das ist im Berufsleben auch nicht anders.
Ich denke, wir kommen noch zu ganz vielen von diesen Dingen im Laufe des Interviews zurück. Wir hatten es schon in der kurzen Vorstellung, aber wo arbeiten Sie aktuell, was ist gerade die Jobbezeichnung, was ist Ihr Unternehmen?
Ich arbeite gerade bei der Firma MSD als Clinical Research Manager von non-onco, also nicht onkologischen Studien. Gleichzeitig bin ich für acht Mitarbeiter:innen verantwortlich, den Job habe ich vor anderthalb Jahren dazubekommen. Das heißt ich habe 50 % meine Projekte und 50 % Mitarbeiterführung.
Alles klar! Und wenn Sie nur einen Punkt nennen können, was mögen Sie gerade am meisten an Ihrem Job?
Meine Mitarbeiter:innen.
Das ist sehr schön. Darf ich nachfragen warum?
Weil es unheimlich Spaß macht, mit Menschen zu arbeiten und junge Leute anzuleiten, besser zu werden, in die richtige Richtung zu laufen, ihren Job gut zu lernen – macht einfach Spaß. Ich bin jetzt in dem Alter, wo es Spaß macht, das Wissen weiterzugeben und nicht immer selber neu aufzubauen. Dass man das, was man aus jahrelanger Erfahrung gelernt hat, an andere Menschen weitergeben kann.
Das kann ich gut nachvollziehen, vielen Dank. Es wurde schon kurz angesprochen, aber was war Ihr eigentlicher Plan nach dem Studium und für den Berufseinstieg?
Ursprünglich wollte ich Chemie studieren. Habe dann blöderweise festgestellt, dass ich gegen diese ganzen Lösungsmittel allergisch bin, und musste deshalb den Plan revidieren. Deshalb bin ich in die Bank gegangen, aber danach habe ich dann Biologie studiert. Ich wusste, ich muss das in der Regelstudienzeit durchbringen, weil man irgendwann zu alt wird. Ich wollte dann auch promovieren, war dann aber schon 30 Jahre alt, als ich fertig war mit dem Diplom. Außerdem habe ich festgestellt, dass die Laufbahn an der Hochschule echt anstrengend ist. Also nicht anstrengend vom Tun, sondern von diesen Kurzzeitverträgen. Wenn man eine Familie gründen will und immer nur so kurze Verträge hat, das bringt nicht so viel.
Und war es dann gleich Ihr Plan, in die Industrie zu gehen, oder hatten Sie erst einen anderen Plan?
Ich wollte eigentlich Lehramt machen. Das war die ursprüngliche Idee, aber das wären auch nochmal zwei Semester mehr gewesen und deshalb habe ich das dann nicht gemacht. Ich dachte mir ehrlich gesagt, ich wollte Produktmanagerin werden. Das war mein ursprünglicher Plan, weil ich dachte, da kann ich meine kaufmännische Ausbildung mit der naturwissenschaftlichen kombinieren. Ich habe dann 65 Bewerbungen geschrieben. Das war nicht so lustig. Ich habe das allerdings alles schon während meiner Diplomarbeitszeit gemacht, weil ich Pausen nicht so mag. Aber das waren echt viele Absagen. Das kann ich auch jedem nur raten: Durchzuhalten. Dann schreibe ich halt 60 Bewerbungen, was soll’s, klar sind die Absagen nervig. Ich habe dann auch tatsächlich einige Einladungen bekommen, aber immer nur für den Außendienst, also nicht die klinische Forschung, sondern Pharmaindustrie Außendienst. Das sind die, die rumfahren und die Produkte vertreiben. Da war ich auch in zwei bis drei Assessment Centern, die mich alle wollten – klar, ich hatte die kaufmännische Ausbildung, ich konnte verkaufen, das war ja sechs Jahre mein Job. Aber das wollte ich nicht machen.
Station 1: Schwangerschaftsvertretung als Clinical Project Manager bei einer CRO für 1 Jahr
Dann würde ich zur ersten Station übergehen und mit dem allerersten Schritt in der Biologiekarriere anfangen. Was war die Jobbezeichnung und wofür waren Sie zuständig in diesem Job?
Angefangen habe ich als Clinical Project Manager bei einer CRO, einer Clinical Research Organisation. Das sind Leute, die Mitarbeiter für Sponsoren, also große Pharmaunternehmen, engagieren, um für diese die Studien durchführen. Da habe ich angefangen als Schwangerschaftsvertretung hier bei uns ums Eck, in Neu-Ulm.
Wofür waren Sie denn dann hauptsächlich in dem Job zuständig?
Das waren klinische Studien, das heißt für Sponsoren Kalkulationen machen. Wenn die jemanden engagieren, dann wollen die wissen, was da an Kosten auf sie zukommt. Wir waren natürlich auch zuständig für das Monitoring, also zum Rausgehen an Zentren, die Daten einsammeln; für Projektleiterarbeit, das heißt mit dem Sponsor kommunizieren, die Daten sammeln, die Daten aufarbeiten, die Daten dann weitergeben. Dort habe ich mein Handwerkszeug gelernt. Dieses erste Jahr war eigentlich meine Lehre in dem Job.
Welche Gründe gab es denn für die Bewerbung, welche Motivation stand dahinter?
Das war der einzige, den ich bekommen habe. Reicht das als Motivation? Also während meiner Diplomarbeit war ich in der Naturheilkunde in Ulm. Dort hat mein Diplomvater gesagt, das war echt nicht so nett: „Die Leute, die es nicht draufhaben in der Uni zu bleiben, denen bleibt nichts anderes übrig als Pharmareferent, also Pharmavertreter, zu werden oder eben Monitor“. Und dann habe ich gedacht: „Was ist denn Monitor?“ Dann habe ich mir das mal angeschaut und mir gedacht, so schlecht hört sich das eigentlich gar nicht an. Dadurch habe ich angefangen, mich auf die CRA-Monitor-Geschichte zu bewerben, und habe dann eben hier in Ulm etwas bekommen und gleich zugeschlagen. Ich könnte mich dann immer noch, wenn ich eine Stelle habe, weiter umschauen. Aber zumindest hatte ich dann mal was nach dem Studium, und stand nicht auf der Straße.
Und Sie haben auf jeden Fall etwas gefunden, wovon Sie gedacht haben, das hört sich gut an. Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten haben Sie denn für diesen Job am meisten qualifiziert?
Organisationstalent, aber auch Offenheit, Kommunikation, Respekt – alles, was man halt braucht, um mit Menschen arbeiten zu können. Aber ich glaube, die haben mich wirklich eingestellt wegen der Banklehre. Da sind auch diese Kalkulationen und Kostenvoranschläge und das ganze Zeug drin. Das hat glaube ich schon ein bisschen mit reingespielt.
Ist es denn eine gute Einstiegsposition?
Auf jeden Fall, die einzige! Also in meine Richtung geht es anders gar nicht mehr heutzutage. Es geht nur über eine CRO. Da steigen Sie entweder als CTC, also Clinical Trial Assistant, früher hat man gesagt Sekretär, oder als CRA (Clinical Research Associate) ein, wenn man Glück hat. Anders kommt man nicht zu einem Sponsor.
Und braucht man dafür ein Studium? Welcher Abschluss ist nötig?
Diplom, ja also Master heute. Wir haben einige promovierte Kollegen. Besonders in den medizinischen Abteilungen ist eine Promotion notwendig. Auch für einen Projektmanager Klinische Forschung ist eine Promotion nicht schlecht. Ich hab’s jetzt auch ohne hingekriegt. Man hängt halt noch einmal echt Zeit hin für eine Promotion, also für mich wäre es jetzt kein Vorteil gewesen, eine zu haben. Vielleicht hätte ich es schneller geschafft mit Promotion, kann schon sein.
Was hat Ihnen besonders Spaß gemacht in diesem Job?
Es kommt jetzt darauf an in welchem Teil, ich habe viele Sachen gemacht. Also der Umgang mit Menschen; einfach eine gewisse Selbständigkeit, die man hat, weil man sich die Zeit und die Zentren und die Besuche und alles selbst einteilt. Aber auch das Medizinische. Die fachlichen Anforderungen, die kommen. Ein Teil der Medikamente, an denen wir geforscht haben, sind zugelassen. Wir haben Ausheilungen von HCV (Hepatitis C Virus) geschafft. Die onkologischen Substanzen bei uns: Wenn Menschen erzählen, dass ihr Krebs weg ist. Wenn man ihnen gesagt hat, sie haben nur ein halbes Jahr zu leben, und sie nach zehn Jahren noch am Leben sind. Das sind einfach Momente, die kann man mit keinem anderen Job aufwiegen.
Das stimmt. Da bekommt man Gänsehaut, wenn man das hört.
An welchen Herausforderungen sind Sie denn an diesem Job für zukünftige gewachsen? Was haben Sie persönlich und fachlich aus diesem Job mitgenommen?
Da fällt mir etwas ein, was ich auch meinen Kindern sage. Ich habe einige Mitarbeiter:innen bei mir, die sind sehr ehrgeizig, die wollen einfach mit der Brechstange weiterkommen. Und mir hat mal ein guter Chef gesagt: „Mach das, was Du jetzt tust, gut“. Der Rest entwickelt sich dann von alleine. Natürlich darf ich nicht unterm Schreibtisch hocken und nicht sichtbar sein. Also man muss sichtbar sein, wenn man weiterkommen will. Man muss auch seine Fähigkeiten zeigen und darstellen, aber mach das, was Du kannst, gut, der Rest kommt. Die Leute, die immer meinen, sie haben eigentlich schon mehr verdient und sie müssten schon mehr sein als sie eigentlich sind, da ist meistens viel heiße Luft dahinter.
Station 2: Clinical Project Managerin bei MSD im Mix CRA/CRM für 5 Jahre
Dankeschön! Ich würde zur nächsten Station übergehen und fragen, warum Sie sich entschieden haben, nach dem Job eine andere Position einzunehmen und was genau Sie dann gemacht haben?
Ich habe ja als Schwangerschaftsvertretung angefangen damals und habe mich dann auf einen neuen Job beworben, weil ich wusste, dass meine Zeit in der CRO begrenzt ist. Ich habe dann in München bei der Firma MSD die Chance als Clinical Project Managerin (CPM) bekommen. Ja warum – es war ganz witzig, also das ist auch nochmal ein Tipp vielleicht für die jungen Menschen, die sich jetzt bewerben – ich habe als HiWi in der Mikrobiologie gearbeitet und habe dort Agarplatten gegossen, nichts Tolles gemacht. Aber was in meinem Lebenslauf stand, war Mikrobiologie. Die haben Projektleiter gesucht für Antibiotikastudien. Dann hat mein damaliger Chef gesagt: „Oh Mikrobiologie, Antibiotika, das passt ja irgendwie zusammen“. Da habe ich einfach den Vorteil gehabt von zehn anderen Bewerbern, dass das in meinem Lebenslauf stand. Also bitte, bitte, alles was in irgendeiner Form relevant ist, und wenn es nur der Job als Skilehrerin wie bei meiner Tochter ist. Menschenführung, Teamlead, solche Sachen gehören in einen Lebenslauf rein, denn man weiß echt nicht, auf was die schauen. Es sind oft so Kleinigkeiten, die einem dann einen Job ermöglichen.
Ja, das ist ein guter Tipp! Wofür waren Sie denn als CPM zuständig?
Studien durchführen. Also der Job war früher etwas anders aufgebaut, das finden Sie heutzutage nicht mehr. Wir haben damals alles gemacht. Wir waren Monitor, CRAs, und Projektmanager in einem, d.h. wir waren meistens in vier Projekten. Es sind immer Indikationen, verschiedene Richtungen, in die man halt forscht. Man hatte drei bis vier CRAs als Team. Man war in einem Team der Projektleiter, gleichzeitig in den anderen Teams als CRA. Was den großen Vorteil hatte, dass man alles von der Pike auf getan hat. Es gab nichts in meiner Studie, was ich nicht selbst gemacht hatte. Dadurch konnte ich die Führung relativ gut übernehmen. Das wurde später dann umstrukturiert, da hat man diese zwei Rollen (Projektleitung und CRA) auseinandergenommen.
Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten haben Sie denn für den Clinical Project Manager bei MSD qualifiziert? Sie haben ja schon die Mikrobiologie erwähnt, die im Lebenslauf stand. Aber was noch?
Ich war ausgebildet. Es ist unglaublich schwer als Neuling. Deshalb habe ich auch gesagt, in der Pharmaindustrie bilden wenige aus. Die Ausbildung findet meist bei den CROs statt, also draußen, eben bei den Leuten, die dann die Mitarbeiter:innen an die Sponsoren leihen. Der CRA, den Sie interviewt hatten, war ja auch bei einer CRO. Wenn Sie diesen Schritt gemacht haben, dann kann man sich auch beim Sponsor direkt bewerben. Das war natürlich die Schlüsselqualifikation.
Und eigentlich wurde die nächste Frage auch schon gerade beantwortet, ob CPM bei einer Firma eine gute Einstiegsposition ist. In dem Sinne nein, sondern man braucht eben diese Ausbildung davor.
Ja ich weiß nicht, ob es klar geworden ist, also es gibt zwei Stationen. Einmal gibt es die CRO, diese Clinical Research Organisation, die Leute einstellt und verleiht an Sponsoren (Pharmaunternehmen). Und dann gibt es den Sponsor, und da will halt jeder hin, denn das ist eine Festanstellung. Bei den CROs sind es meistens nur lose Anstellungen für ein bis zwei Jahre, meistens 18 Monate. Der normale Einstieg läuft über eine CRO. Es gibt mittlerweile CRA-Ausbildungen. Da habe ich auch schon jemanden betreut, die dann den Master gemacht hat in Clinical Research. Aber es ist sehr schwer direkt über einen Sponsor eine Anstellung zu bekommen. Es ist einfacher über eine CRO zu gehen!
Was hat Ihnen an diesem Job als CPM (Mix CRA/CRM) besonders viel Spaß gemacht?
Es war eine tolle Zeit. Wir konnten alles machen. Ich musste auch umziehen von Ulm nach München. Ich habe damals noch ein kleines Einzimmer-Apartment von der Firma gestellt bekommen. Ich bin da in die Firma mit meiner Tasche und dachte: „So, jetzt zeigt mir irgendjemand was“. So kannte ich das von meiner CRO. Ja das war’s dann. Also die haben mir den Schreibtisch gezeigt, da war ein Stift, ein Tacker, und ein Locher, und das war’s. „Und dahinten stehen die Ordner und die Studie geht eigentlich schon gestern los, fang mal an“. Erster Nachmittag: Telefonat mit Headquarter in Amerika. War eine komplett zickige Tussi am Telefon: Ja, was denn los ist, warum wir noch keine Einreichung gemacht hatten, und was überhaupt. „Ja ich habe jetzt gerade erst angefangen heute Morgen“. „Ja das interessiert mich nicht, das Zeug muss laufen, Einreichung ist am Freitag, es war Montag“. So und dann findest du nichts, kein Einreichungsordner, nichts. Da war gar nichts. Das war sehr interessant. Hat Spaß gemacht. Da war ich noch jung, das fand ich noch witzig.
Bei uns bei MSD ist das heute ganz anders. Wir haben wunderbare Onboarding Prozesse, ein Buddy System und neue Mitarbeiter:innen haben genügend Zeit und Ansprechpartner, um gut und schnell on Board zu kommen.
Das war dann auf jeden Fall eine der Herausforderungen im Job.
Ja das war eine Herausforderung, genau. Aber das wurde einer der Gründe, warum ich dann auch weitergekommen bin. Ich hatte eine gute Ausbildung und ich wusste genau, was zu tun ist. Ich wusste nur nicht, wo ich es finde. Insofern war alles gut.
Und dann haben Sie damit eigentlich auch schon die nächste Frage beantwortet, nämlich an welcher Herausforderung Sie gewachsen sind für zukünftige Stationen.
Ins kalte Wasser geschmissen werden. Sich nicht ins Boxhorn jagen lassen, wenn jemand recht unfreundlich ist. Freundlich, diplomatisch bleiben. Den Leuten zeigen, dass man weiß, was man tut. Das ist immer eine gute Methode jemanden abzuholen wenn er merkt, man weiß, was man tut und man macht es gut. Und man steckt mit Herzblut dahinter.
Station 3: CRA bei MSD für 14 Jahre
Damit kommen wir auch schon zur nächsten Station. Wie kam es denn zu dieser neuen Position, warum haben Sie sich entschieden, diese Position anzunehmen?
Also jetzt muss man kurz überlegen, in welcher Position wir jetzt sind. Erstmal war ich Bankerin, dann war ich bei der CRO ein Jahr Projektleiterin, dann war ich Clinical Project Manager bei der Firma MSD in Kombination CRA/CRM. Dann haben sie die Stellen auseinandergenommen, wodurch ich 14 Jahre CRA war. Das war im Bereich HCV. Sagt Ihnen das was? Hepatitis C Forschung.
Dann beleuchten wir doch einmal diese 14 Jahre CRA ein bisschen genauer. Das Unternehmen hat praktisch diese Stellen getrennt, die vorher zusammen waren, und dadurch sind Sie dann reingerutscht. Das heißt Sie hatten dann auch keine Bewerbungsphase gehabt?
Ich habe, seit ich bei der Firma angefangen habe, keine neuen Bewerbungen gemacht.
Okay, das heißt es war wirklich immer eine natürliche Entwicklung. Dadurch hat sich auch die Frage erledigt, warum Sie sich entschieden haben, diese Stelle anzunehmen, es war einfach vom Unternehmen her. In diesen 14 Jahren, in denen Sie als CRA gearbeitet haben, was hat Ihnen da am meisten Spaß gemacht?
Das Reisen am Anfang, das war echt schön. Das ist einfach toll, wenn man jung anfängt und noch keine Kinder hat und so, dann ist das einfach cool. Also erstmal ein Hotel! Mein Gott, wir waren früher auf einem Campingplatz mit Frühstückspension, aber jetzt hier in ein Hotel zu kommen, Investigator Meeting in Paris, in Amsterdam, in London… Klar sieht man nicht die Welt, man kann dann nicht den ganzen Tag auf Entdeckungstour, ist ja keine Reise. Aber trotzdem geht man abends noch irgendwo hin, man geht mit den Prüfärzten noch was trinken, mit den Study Nurses. Ich bin mit meinen Study Nurses in Rom mit dem Taxi ans Meer gefahren, wir sind spazieren gegangen, da bilden sich die Connections. Das sind dann die Leute, die man anrufen kann und sagen kann: „Leute wir haben ein Problem, kommt helft mal“. Und dann helfen die. Also einfach dieses Miteinander, was zusammen zu bewegen, Studien zu machen. Es gibt schon auch schrottige Zentren, wo man nicht so gerne hinfährt, weil sie nie das tun, was sie sollen. Aber das muss man halt auch mitnehmen. Aber es gibt ganz, ganz viele tolle Zentren, wo man alle sechs Wochen hinfährt. Das ist dann schon wie so eine kleine Familie.
Und wenn Sie sagen Reisen, und auch diese internationalen Reisen. Die Zentren waren dann aber schon alle in Deutschland?
Die Zentren waren in Deutschland, aber wir haben ja Prüfarzttreffen. Also wenn eine Studie beginnt, dann trifft sich das ganze Studienteam von Europa in einer Location, wo man die Studie vorgestellt bekommt und sich auch kennenlernt. Das ist heute alles ein bisschen anders, es wird viel mehr online gemacht, die Reisezeit ist reduziert. Ich reise leider nicht mehr so viel wie früher.
Und was war die größte Herausforderung in dieser Zeit?
Ja das waren die Kinder natürlich. Mit zwei kleinen Kindern reisen, ist nicht mehr ganz so witzig. Ich habe dann angefangen mit zwei Reisetagen in der Woche. Weil da meine Mama und Schwiegermama da waren und die Kinder genommen haben. Aber dann muss man halt um sieben Uhr aus dem Haus allerspätestens, manchmal auch um sechs schon, und kommt halt abends spät heim. Also Kindergarten, Kita, kannst du da knicken, das nutzt gar nichts. Ich kann mich noch erinnern, bei meinen ersten Geschäftsreisen nach der Schwangerschaft hatte ich noch meine Milchpumpe dabei. Ich habe noch gestillt. Dann auf Toilette, Milch abpumpen, und gucken, dass es irgendwie weiterläuft, dass man abends dann wieder stillen kann und so. Das war schon echt stressig, da bewundere ich auch die jungen Mamas, die das heute machen. Mit 80 % heute heißt, ein freier Tag, 4 Tage voll, das ist schon echt heftig. Monitor ist für eine Mama mit Kindern nicht so ganz einfach, wenn sie keine Unterstützung hat.
Und natürlich die Herausforderung: Kotzige Zentren. Sage es jetzt einfach mal, wie es ist. Also ja, es gibt Audits. Da kommt eine Kontrollinstanz, entweder von Sponsor selbst oder eine Inspektion von der Regierungsbehörde, und die kontrollieren dann, wie das Zentrum – wie die CRA gearbeitet hat. Also da geht einem schon das Herz erstmal. Wenn man ein gutes Zentrum hat bei dem man weiß: Alles läuft, die machen ihren Job und ich mache meinen Job auch, dann ist gut. Aber wenn man weiß: Puh, da ist doch ein bisschen was im Argen, dann geht das Herz dann schon mal ein bisschen schneller. Und es ist so viel, was man als CRA tut und beachten muss und die Regularien… Man hat nie das Gefühl, dass man alles richtig macht. Das geht gar nicht. Da muss man irgendwann auch mit Leben lernen und sagen: „Okay, ich mache das Beste, was ich kann, es wird nie 100 % sein, es müssen auch 80 % reichen“. Sonst geht man irgendwann vor die Hunde, das funktioniert einfach nicht.
Station 4: Clinical Project Managerin bei MSD, bis heute
Und nach diesen 14 Jahren wurden Sie dann CPM und Sie sind immer noch in dieser Position?
Ja da gab es dann ein paar Umstrukturierungen in der Firma, das ist nämlich auch noch nett: Wenn man längere Zeit bei einer Firma ist, dann tut sich doch einiges. Also es ist jetzt nicht so langweilig: Dann werden Positionen gestrichen, dann kommen neue dazu, dann macht man ein europäisches Konzept, wo die Projektleiter nicht mehr im Inland, sondern europäisch arbeiten. Ich war dann eine Zeit lang Clinical Research Manager, wo ich aber das gleiche gemacht habe, wie jetzt. Damals aber gehörte ich noch zum Leadership-Team, also zu den Chefs quasi mit Personalverantwortung, denn während des europäischen Konzepts lag die Führung im Land bei den CRMs. Dann hat man nach vier Jahren Gott sei Dank entdeckt, dass das Konzept nicht so gut funktioniert, und hat alles wieder umstrukturiert. Ich weiß, klingt alles hochkompliziert und weiß auch nicht, ob es wichtig ist, aber das ist die Pharmaindustrie. Wir haben immer gesagt: Alle fünf bis sechs Jahre fällt jemand etwas ein, was man umstrukturieren kann, dann wird’s mal probiert. Manchmal merken sie, dass es gut war, manchmal nicht, und so ändern sich dann Positionen, ohne dass sich dann tatsächlich die Arbeit ändert.
Also die Arbeit, die Sie machen, war praktisch immer die gleiche?
Also nach dem CRA als Projektmanager würde ich sagen, ja. Ich war aber dann eben nicht mehr CRA, sondern habe die Teams dann geleitet.
Okay dann würde ich diese Zeit als einen Block betrachten und die ganzen Umstrukturierungen jetzt mal außer Acht lassen. Diese neue Position hat sich dann auch ergeben? Was war die Motivation hinter der Entscheidung, Projektmanagerin zu werden?
Mein Chef hat gefragt, ob ich Projektleiterin werden möchte und zwar in dem Bereich, wo ich vorher CRA war. Bei mir war das immer relativ natürlich, es hat mich irgendeiner gefragt, wie sieht’s aus, könntest Du Dir das vorstellen. Ich habe vorher Teilzeit gearbeitet, und mit 20 Std die Woche gestartet (50 %), weil ich ja 2 Kinder hatte. Bei MSD gibt es immer noch gute und flexible Teilzeitmodelle. Aber damals hat es halt geheißen, wenn Du jetzt Projektleiter werden willst, dann musst Du bitte 100 % schaffen. Wir hatten dann eine Diskussion mit der Familie, ob das geht, da war eine Tochter gerade in der vierten Klasse, vor dem Wechsel ins Gymnasium. Ich habe gesagt, das ist mir eigentlich ein Jahr zu früh, aber das ist eine einmalige Chance. Und dann haben wir uns entschieden, dass wir das Hinkriegen, und seitdem arbeite ich jetzt wieder 100 %.
Es war halt einfach eine Weiterentwicklung. Der nächste Schritt auf der Karriereleiter. Und das muss man sich halt überlegen, ob man das mit zwei kleinen Kindern packt, oder nicht. Wir haben dann in der Familie entschieden, ja Papa gibt mehr dazu, große Tochter hilft mehr mit, kleine Tochter wird brav – die hat das gut gemacht. Das ist halt einfach so, im ersten Gymnasialjahr brauchen die normalerweise schon noch ein bisschen mehr Unterstützung, aber unsere Jüngste war immer schon selbständig und da haben wir das eigentlich ganz gut hingekriegt.
Was hat Sie denn für die Stelle als CPM qualifiziert?
Die ganze Berufserfahrung, die ich schon hatte.
Was hat und was macht Ihnen denn heute noch am meisten Spaß? Sie haben gesagt, die Leute, die Kommunikation mit anderen Menschen.
Also der Sinn hinter dem, was wir machen. Ich habe jetzt auch mit meinem Mann kurz darüber geredet, ein Unternehmen hat jetzt eine Abnehmspritze, wo die Aktien durch die Decke gehen. Und er hat gefragt, warum macht ihr nicht sowas Tolles. Und dann habe ich gesagt, weil wir Forschung machen, wir machen Medizin, wir machen keine – wie soll ich das jetzt sagen – keine Kosmetik-Medizin, sondern wir heilen Menschen. Also wir arbeiten wirklich an Sachen, wo jemand, der es nicht bekommt, stirbt. Und das finde ich für mich einen absoluten Motivator. Und klar gibt es Regularien, und es gibt Ärgernisse, und Sachen, die nicht so gut laufen, und wo man denkt: Mein Gott, muss das jetzt sein. Aber wenn man schaut was dahintersteht, dann motiviert einen das schon. Also ich bin jetzt deshalb so dahinter, weil wir jetzt gerade eine große Tagung hatten, wo wir zwei Patienten hatten, die so ein Patienteninterview gemacht haben und ihr Schicksal erzählt haben und gesagt haben, wie unsere Medikamente ihnen das Leben gerettet haben. Und ich finde das motiviert schon.
Ja absolut! Und was sind Herausforderungen heute oder auch in den letzten Jahren, an denen Sie immer noch wachsen?
Also am Anfang: Es ist immer schwierig, eine Position aufzuhören, wenn man etwas gerne macht. Und ich habe den CRA davor sehr, sehr gerne gemacht. Man hat da seine Studien, man hat da seine Zentren, da war es dann auch so witzigerweise, dass ich immer ein Zentrum in Ulm haben wollte, weil ich hier wohne. Und ich habe dann so ein Jahr vor dem CPM wirklich ein Zentrum in Ulm bekommen, wo ich dann regelmäßig hingefahren bin. Man bildet ja Kontakte, Beziehungen zu seinen Zentren. Die mögen einen, man mag sie auch. Es gibt Zentren, da fährt man lieber hin, und welche, wo man nicht so gerne hinfährt. Man hat da seine Projekte, das sind dann die Babys, die man auch nicht gerne weggibt. Deshalb bedeutet was Neues natürlich auch immer… Man muss was Altes abgeben und was Neues anfangen. Und dann dachte ich: „Na super, jetzt habe ich gerade endlich ein Zentrum in Ulm, jetzt soll ich schon wieder aufhören“. Also die Entscheidung was Neues zu machen, finde ich persönlich nicht immer ganz leicht. Aber interessanterweise ist es auch so, wenn man dann die neue Position gemacht hat, will man nicht mehr zurück. Das ist meine Erfahrung gewesen. Man ist ja wieder neu drin und hat seine Beziehungen und Netzwerke aufgebaut. Und dann zurück, das wäre für mich glaube ich nicht einfach.
Und jetzt ist es Technik, also ganz klar, weil die ganzen Systeme, die ganzen Modernisierungen… Wir wollen jetzt unsere kompletten Systeme zusammenführen auf ein neues System, das wird echt eine Herausforderung. Überlegt mal kurz: Excel ist weg, PowerPoint ist weg, alles ist auf einen Schlag weg und es gibt was Neues und man muss das alles wieder neu lernen, das wird nächstes Jahr die größte Herausforderung, sehe ich mal bei uns. Aber das schaffen wir, auch das kriegen wir schon hin.
Zukunft
Okay gut! Dann sind wir ja eigentlich schon bei der letzten Station angekommen und ich würde gerne zum Ende noch fragen: Gibt es jetzt von Ihrer Position aus noch eine weitere Aufstiegsmöglichkeit?
Ich habe mich jetzt gerade beworben. Also ja, wir haben eine neue Position geschaffen, wie ich gesagt habe gibt es ja immer mal wieder etwas Neues. Und das, was ich jetzt sozusagen nebenher mache, soll offiziell werden. Das heißt die Führung meines Teams, das soll dann das sein, was ich für die Zukunft gerne machen würde. Dann mit dem Line Management, also direkter Führungsverantwortung. Da sind auch die Jahresgespräche – Endjahr-, Mittelgespräche dran und man macht dann Gehaltsdiskussionen und all sowas. Momentan führe ich die Leute fachlich, und das wäre dann eine Führung auf allen Levels. Die Bewerbungen laufen gerade. Habe ich letzte Woche weggeschickt.
Sehr, sehr spannend! Und das ist für Sie dann praktisch der nächste logische Schritt nach oben?
Absolut. Genau. Also weil ich gesagt habe ich bewerbe mich: Ich bewerbe mich nicht, ich habe da nichts gemacht, außer auf den Link zu klicken und zu sagen: „Ja Interesse“. Also früher wäre das quasi ein Gespräch gewesen, aber heutzutage, da es halt alles universell sein muss, es müssen sich ja andere Leute auch bewerben können, läuft man da durch ein ganz normales Bewerbungsgespräch durch, ich denke das wird dann nächste oder übernächste Woche stattfinden.
Und was Sie jetzt praktisch für diesen neuen Job qualifiziert, ist die ganze Erfahrung, die Sie schon haben?
Ja im Prinzip mache ich es jetzt schon. Sozusagen. Es wäre jetzt hoffentlich der logische Schritt für meine Chefs, weiß nicht, sehen wir dann.
Dann viel Erfolg auf jeden Fall!
Vereinbarkeit mit Familie, Gehaltsentwicklung, Rückblick und Tipps
Wie hat sich denn in der ganzen Karrierelaufbahn die Vereinbarkeit mit der Familie geändert? Sie haben schon gesagt, es war sehr herausfordernd mit zwei Kindern, hat sich das verändert mit den Positionen?
Ja klar. Also CRA ist 70 % Reisetätigkeit, CRM ist dann noch 30 % Reisetätigkeit, also da reduziert sich die Reisetätigkeit. Durch Corona ist diese jetzt noch mal weiter runter, ich bin jetzt vielleicht noch 10 Tage im Jahr unterwegs, vielleicht 15, aber nicht mehr so viel wie früher. Jetzt wäre Reisen wieder möglich für mich, aber jetzt muss ich es nicht mehr so oft. Es ist unheimlich viel auf digital, also auf Teams, umgestiegen worden. Man spart auch Reisekosten und so. Ich bin auch nicht böse, also die Bahn ist jetzt auch nicht so mein Liebling.
Also Sie würden sagen, die Vereinbarkeit mit der Familie hat sich eigentlich vereinfacht?
Ja auf jeden Fall. Ganz klar. Das ist glaube ich auch ein großer Motivator für viele junge Menschen, die CRA sind, wenn sie Familie gründen wollen, sich dann auf einen CPM oder CRM zu bewerben. Weil sie einfach nicht mehr diese hohe Reisetätigkeit haben.
Wie ist das denn mit der Arbeitslast geworden? Hat sich da irgendwas verändert oder ist das auch weniger geworden oder vielleicht mehr?
Ist anders geworden. Also als CRA kann man sich selbst die Zeit einteilen. Ich habe überlegt, wann fahre ich hin, wie passt das? Wie kann ich was zusammenlegen? Als CRM ist man ein bisschen mehr fremdbestimmt. Da bin ich ja der Problemlöser, das heißt wenn irgendwas ist, dann kommen die Leute. Und das heißt: Manchmal rufen mich fünf Leute am Tag an und manchmal ruft mich keiner an. Man kann sich seinen Tagesablauf nicht mehr ganz so gut selber einteilen. Sondern man muss mehr schauen, was auf einen zukommt. Ich habe ja „One on Ones“ regelmäßig, die muss ich vorbereiten. Früher hatte ich halt meine Studien, die konnte ich in- und auswendig. Hätten Sie mich nachts aufgeweckt, ich hätte sagen können, wo was ist. Das kann ich jetzt nicht mehr. Bei acht Mitarbeitern, die alle sechs bis sieben Studien haben, habe ich nicht mehr alles im Kopf. Ich brauche viel mehr meine Notizen, ich muss viel mehr nachlesen. Was mir natürlich hilft, ist mein Erfahrungsschatz. Das heißt, ich kann viele Fragen einfach aus dem Stehgreif beantworten und muss nicht groß nachlesen. Aber dieses Fremdbestimmte, das finde ich schon anstrengend. Ein Unterschied ist auch der Zeitrahmen. Als CRA arbeitet man ja mit den lokalen Zentren in Deutschland, hat aber auch die Studienteam Meetings und das ganze Zeug. Und als CPM, als CRM hat man auch immer Headquarter dabei. Also ich habe auch Country Meetings, wo dann Leute aus Australien oder aus Asien sind. Da haben wir halt unsere Meetings dann eher an den Nachmittagen oder späten Abenden gehabt. Das fand ich eine Zeit lang auch sehr anstrengend, dass sich einfach diese Meetings immer in diesen Abend reingeschoben haben. Ich bin eher ein Frühmensch und nicht so ein Abendmensch. Also das muss man auch beachten.
Hat sich Ihre Arbeitszeit von der Uhrzeit her auch mehr strukturiert, also eher nine to five und vorher war es vielleicht eher mal nine to twenty oder so?
Ja also als reiner CPM, da ist die Arbeitszeit auch eher in den Abend reingegangen. Aber jetzt fange ich um sieben an und höre um fünf auf und das kann ich relativ gut einhalten, muss ich sagen. Das ging ja als CRA oder reiner CPM nicht so, da konnte ich die Zeiten nicht so gut einhalten. Das stimmt schon.
Das ist interessant, das höre ich zum ersten Mal, dass das entspannter geworden ist.
Also jetzt haben wir Tagung gehabt, da geht es natürlich abends auch länger und so, aber meine Arbeitszeit ist strukturierter. Das liegt aber auch an meiner Chefin. Als ich CPM war, da hatte ich einen echt aggressiven Chef, der sehr fordernd war. Da habe ich teilweise bis um halb Elf Uhr nachts gearbeitet und saß dann heulend am PC, weil irgendwas schief gegangen ist, und habe dann eine Kollegin angerufen, die auch noch gearbeitet hat. Und meine jetzige Chefin, die sagt einfach, sie will das nicht. Sie hat mir auch gesagt, ich soll mir einen Block reinlegen. Also meine Arbeitszeit ist ja schon relativ lang, von sieben bis fünf, Sie hat gesagt, ich soll mir einfach um fünf einen Block im Kalender blockieren, dass mir da keiner Termine reinstellt. Und wenn, dann fragt man, denn das geht ja schon mal. Aber man muss einfach mit seinen Kräften haushalten, ich meine ich bin jetzt 60 Jahre alt, ich kann auch nicht mehr so arbeiten wie mit 35 und ich brauch auch meine Auszeit.
Würden Sie dann schon sagen, dass es von den verschiedenen Vorgesetzten abhängig ist?
Ja klar absolut. Absolut. Also wir haben bei uns in der Firma MSD ein absolut tolles Konzept, wir haben eine super Firmen Kultur, wo jeder sein kann, wie er ist. Ich habe jetzt gerade erst ein paar Jobinterviews hinter mir, wo ein junger Kollege mir gesagt hat: „Also das ist einfach toll, dass man bei uns sein kann, wie man ist“. Also wenn jemand offen ist, darf er offen sein. Ich habe eine andere junge Kollegin, die ich gerade versuche aufzubauen, denn die kommt aus einer Kultur, in der sie sich nicht trauen durfte, offen zu sein. Da habe ich ihr gesagt: „Mensch, du musst einfach den Mund aufmachen bei uns, wenn dir was nicht passt, dann sage es und kommuniziere das auch nach Headquarter“. Ich habe das Glück in einer Firma zu arbeiten, wo wir so sein dürfen, wie wir sind und wo auch Work-Life-Balance gelebt und auch von den Chefs getragen wird. Ich persönlich habe mein Tablet immer neben mir und schaue auch abends um zehn nochmal meine Teams an, wenn irgendwas ist. Wenn mich abends um acht noch jemand anrufen muss, weil er ein Problem hat, dann würde ich nicht sagen: „Du, jetzt ist meine Zeit abgelaufen“. Ich habe ein Firmenhandy, ich habe ein Tablet, ich schaue morgens, wenn ich aufstehe um sechs Uhr erstmal rein, ob irgendwas Wichtiges war. Aber das mach ich alles freiwillig, das mach ich einfach so, weil das halt zu mir gehört. Ich habe auch mein Tablet im Urlaub dabei.
Wenn man den Job liebt, dann macht man sowas.
Ja genau. Aber das ist für mich jetzt kein Stress. Andere Kollegen machen das nicht. Ich mag nicht aus dem Urlaub kommen und tausend Mails haben, ich schaue mir die lieber zwischendurch an, aber das ist meine eigene persönliche Art, damit umzugehen.
Ich weiß, dass Sie jetzt auch relativ viel im Home-Office sein dürfen, sein können.
Ja dürfen, können, wollen, was auch immer. Ist auch nicht für jeden übrigens, Home-Office. Also das kann nicht jeder.
Aber das hat sich wahrscheinlich auch geändert, das ging wahrscheinlich auch nicht so am Anfang?
Also ich habe, als meine Tochter auf die Welt gekommen ist – 1998 – angefangen mit Home-Office. Ich war nicht sehr glücklich, als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin. Da war ich in München. Weil ich dachte, das war es jetzt. Meine Karriere bei der Firma ist jetzt gestorben. Ich war erst 1,5 Jahre dort. Kann mir jetzt was Neues suchen, irgendwas. Und da hat mein Chef mir damals – also wie gesagt, es hängt echt viel an den Chefs – mein Chef hat mir damals gesagt: „Frau T., wir wollen Sie behalten, wie kriegen wir es denn hin“. Da habe ich gesagt: „Ich wohne in Ulm, mein Mann hat seinen Job in Ulm, der ist hier Projektleiter gewesen, und Chef: Jetzt bekomme ich ein Kind. Ich kann ja nicht mein Kind in Ulm haben und ich arbeite in München, wie soll ich das denn machen?“ Und dann hat er gesagt: „Ja da finden wir schon was“. Da habe ich gedacht: „Ja was will er denn finden der Kerl“. Auf jeden Fall hat er es mir dann ermöglicht, dass ich im Home Office arbeiten konnte. Also ich arbeite jetzt seit 1998 ohne Witz im Home-Office. Ich habe allerdings auch nur acht Wochen Elternzeit genommen. Deshalb Milch abpumpen beim Arbeiten. Und ich habe natürlich meine Netzwerke hier aktivieren müssen, ich brauchte halt jemand für zwei Tage die Woche. Wobei ich auch ein Kindermädchen mal ein Jahr gehabt hatte, weil meine Mama krank war und nicht mehr helfen konnte.
Aber das ist auch schön, wenn Ihr Chef Sie da so unterstützt hat.
Ja genau. Also ich arbeite seit 1998 im Home-Office, deshalb hab ich in der Coronazeit ein bisschen geschmunzelt, wenn die Leute so gejammert haben mit dem Home Office. Da habe ich gemeint: „Ja Leute, das mache ich schon eine Weile, da war das alles noch nicht so komfortabel“. Da war das noch eher ein bisschen holprig.
Das glaube ich. Was war denn der generelle Trend in Ihrem Gehalt, wurde das immer deutlich höher?
Nein, also wenn Sie einen Jobwechsel machen in eine andere Firma, wird das Gehalt immer proportional höher ansteigen, als wenn Sie in der eigenen Firma bleiben. Wir haben ja gute Freunde gehabt und so eine kam von einer anderen Firma. Offiziell darf man nicht über Gehalt reden, aber wir haben natürlich darüber geredet. Und dann zu sehen: Okay, sie macht den gleichen Job, aber verdient schon echt einiges mehr, da war ich damals auch echt sauer. Aber da hatte ich den unangenehmen Chef. Der war dann sauer, dass wir über das Gehalt gesprochen haben: „Das geht uns nichts an, da dürfen wir gar nicht drüber reden“. Also wenn man Firma wechselt, ist der Sprung höher, als wenn man nicht wechselt, aber man muss halt immer abwägen. Ich meine, ich bin jetzt seit 1997 hier bei meiner Firma. Ich konnte Teilzeit arbeiten, ich konnte im Home-Office arbeiten, als ich gedacht habe: „Okay, da kann ich jetzt gehen, weil jetzt krieg ich ein Baby“. Ich habe ein zweites Kind gekriegt und konnte 50 % arbeiten. Meine Entwicklung war für mich einfach gesund, also so, dass es immer gepasst hat, dass ich mich nicht irgendwo reinstressen musste. Es war natürlich immer wieder ein neuer Job, mehr Arbeit, andere Aufgaben, man muss sich immer neu reinfinden, aber es war immer eine natürliche Entwicklung und wenn ich dafür jetzt halt etwa 20.000 € weniger habe im Jahr als ein anderer, mein Gott, so ist es halt. Geld ist nicht alles, sag ich da nur.
Das stimmt.
Also Jobzufriedenheit darf man nicht unterschätzen.
Ja absolut. Wenn Sie jetzt zurückschauen, würden Sie sagen, Sie haben alles richtig gemacht oder gibt es da irgendetwas, dass Sie ändern würden?
Definitiv nein, nichts ändern. Also die Umstrukturierungen waren schwierig. Zwei meiner guten Freundinnen, mit denen habe ich mich auch letzte Woche getroffen, die hatten früher gesagt: Ja sie wollen da jetzt weg, und gerade der eine Chef, den wir da 4 Jahre hatten, der war echt eine Katastrophe! Meine Freunde haben gesagt: „Nein, das halten sie nicht aus“, sie sind gegangen. Jetzt wären sie froh, sie wären geblieben. Insofern sage ich nein. Ich habe es durchgehalten, und habe ihn ertragen, mit Diplomatie und Herzschmerz, aber es ging. Und ja, alles richtig gemacht.
Super wenn man so zurückschauen kann und das sagen kann. Haben Sie generelle Tipps für Berufseinsteiger:innen nach dem Biologiestudium, vielleicht auch für jemanden, der genau Ihre Laufbahn einschlagen möchte? Was kann man steuern und planen in dem Bereich?
Also ich möchte es nicht mehr machen, ich bin froh, dass ich bin, wo ich jetzt bin. Es ist nicht so einfach. Es werden immer Leute gesucht. Was ich halt echt schade finde, ist, dass die Pharmaindustrie nicht selber ausbildet und dass wirklich der ganze Einstieg über diese CROs gehen muss, und die CROs die Ausbildung machen. Was bei uns gut funktioniert muss ich sagen: Wir haben viele Werkstudent:innen oder Interns, die für ein halbes Jahr da sind, die dann reinschnuppern können bei uns. Und die dürfen auch richtig arbeiten. Sie kommen dann teilweise über die CROs wieder zu uns, als CTC, als Assistant am Anfang. Ein junger Kollege kommt jetzt als CRA wieder. Einfach schauen, möglichst früh einen Fuß irgendwo reinkriegen und sich zu platzieren. Zeigen, dass man gut ist, das würde ich jetzt mal sagen.
Also praktisch durch schon frühe Erfahrungen. Und gibt es noch etwas, was Sie loswerden möchten? Was wichtig sein könnte für Biolog:innen im Berufseinstieg?
Ja wie gesagt, ich habe 60 Bewerbungen geschrieben. Einfach nicht die Hoffnung aufgeben, man muss halt schauen, und vielleicht auch offen sein und mal überlegen: Vielleicht ist das, wo man am Anfang dachte: „Um Himmels Willen, das mach ich nicht“, vielleicht doch nicht ganz so schlecht. Und wenn man den Berufseinstieg mal hat, kann man sich anders umschauen. Das ist das Interessante, das ist ganz witzig, aber nicht nur bei Biologen. Wenn man vom Studium kommt, ist der erste Job der schwierigste zu erhalten, der zweite ist dann nicht mehr so schwer. Also irgendwo einen Fuß mal reinkriegen und mal arbeiten und dann sagen: „Okay, es ist super, ich bleib da“, oder „puh, das war es jetzt nicht“. Aber dann kann man sich aus einer Position heraus leichter woanders bewerben. Also das wäre jetzt auch mal ein Tipp, also mein Gott, wenn es gar nicht anders geht, als Pharmareferent anfangen und sagen: „Okay, dann bin ich mal im Sponsor oder in der Pharmaindustrie drin und kann mich dann von der Stelle aus weiter bewerben“.
Super! Vielleicht noch eine allerletzte Frage für unsere Zielgruppe. Welche Möglichkeiten hat man denn, in Ihre Arbeit reinzuschauen? Also Sie haben jetzt schon Praktika genannt, gibt es auch so eine Art Job Shadowing oder Werkstudent?
Job Shadowing haben wir jetzt nicht, aber wir haben wirklich ein ganz tolles Intern Programm, wo wir Leute entweder ein Jahr oder ein halbes da haben, die dann einfach reinschauen können, was wir machen. Und wir machen da wirklich viel, auch für die jungen Mitarbeiter:innen. Die bekommen einen Einblick in alle möglichen Bereiche, die können in die Finanzabteilung reinschnuppern, die können bei uns bei den CRAs mitgehen, in die Zentren. Klar arbeiten sie auch, aber sie sehen schon auch, was wir tun. Also das würde ich sagen, ist der beste Weg um festzustellen, ob einem das liegt. Es ist eine administrative Arbeit, das sage ich bei den Interviews immer. In der Firma gibt es kein Labor, das sind alles Schreibtische. Von den Biologen kommt oft die Anfrage: „Und wo findet jetzt die Forschung statt?“ Ja nicht bei uns, also nicht die Reagenzglas Forschung, sondern bei uns findet Forschung am Patienten statt. Das sind Daten, die wir erheben, also unsere Währung sind Daten, und damit ist das einfach ein Schreibtischberuf. Das wissen auch viele nicht.
Vielen Dank für den tollen Einblick! Damit ist das Interview tatsächlich schon beendet.
Das war das Interview zum Karriereweg Biologie: Einblick in über 28 Jahre Lebenslauf einer Clinical Project Managerin. Ich hoffe, euch hat der Artikel gefallen und ihr konntet etwas aus dem Erfahrungsschatz einer langjährigen Biologin lernen. Schaut euch gerne auch unser Interview zur CRA an. Du möchtest weitere Tipps, die für den Berufseinstieg wichtig sind? Dann schaue doch mal in unsere Artikel zum Lebenslauf oder Motivationsschreiben!