„Als Koordinatorin ist mir wichtig, dass Promovierenden in ihrer Ausbildung das mitgegeben wird, was im weiteren Verlauf ihrer Karriere für sie wichtig sein wird.“
– Dr. Ulrike Herzog, Koordinatorin eines Graduiertenkollegs, Technische Universität Hamburg-Harburg –
Ulrike ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Hamburg-Harburg in der Abteilung Fachdidaktik der Ingenieurwissenschaften angestellt. Dort koordiniert sie als Teilzeitangestellte (19,5 Std./Woche) zusammen mit zwei weiteren Personen das integrierte Graduiertenkolleg eines drittmittelfinanzierten, materialwissenschaftlichen Sonderforschungsbereiches. In dem Graduiertenkolleg promovieren ca. 20 Promovierende der Ingenieurwissenschaften, Chemie und Physik von drei verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen in Hamburg und Umgebung.
Der Arbeitstag beginnt bei Ulrike meist mit dem Lesen und Beantworten von Mails. Sie schaut, ob sich daraus aktuelle Aufgaben ergeben. Je nach Stand der Summer School müssen z. B. Trainer bzw. Wissenschaftler kontaktiert, die Workshopinhalte mit ihnen besprochen oder Punkte mit dem Seminarzentrum geklärt werden. Parallel arbeitet sie an der Vor- oder Nachbereitung für die monatlichen Treffen mit den Promovierenden. Unterstützt wird Ulrike hierbei von einer studentischen Hilfskraft, die z. B. die erste Recherche für Seminarzentren übernimmt, Evaluationen abtippt oder grafisch aufbereitet.
Einmal wöchentlich bespricht Ulrike mit ihrem Vorgesetzten und ihrer Kollegin aktuelle und relevante Themen. Sie klären dann offene Fragen zu ihren Arbeitspaketen, z. B. zur Folgeantragstellung, einem Poster für eine Konferenz oder einer Präsentation für die nächste Klausurtagung des Sonderforschungsbereiches.
Sie hat zusätzlich eine einstündige Teamsitzung mit ihrer gesamten Arbeitsgruppe, einem derzeit 7-köpfigem Team.
Sich speziell als Koordinatorin ausbilden zu lassen, ist Ulrikes Erfahrung nach derzeit nicht möglich. Um ehrlich zu sein: Ihr Job hat auch nichts mehr mit Biologie zu tun. Alles, was sie dafür mitbringt, sind überfachliche Fähig- und Fertigkeiten, die sie persönlich mitbringt oder sie sich im Laufe ihrer Laufbahn angeeignet hat. Da sie sich aber auch schon vor ihrer Promotion nicht in der Forschung gesehen hat, aber am Interesse an ihr gerne forschungsnah und -unterstützend arbeitet, sagt ihr der Job sehr zu.
Für Ulrikes Aufgaben ist es jedoch mehr als hilfreich, selbst den Abschluss zu haben, den die Promovierenden anstreben. Durch ihre eigene Promotion weiß sie, wie die Wissenschaft funktioniert und kennt die Stärken und Schwächen in der Ausbildung von Promovierenden. Sie hat selbst gelernt, wissenschaftlich zu arbeiten und zu schreiben. Dadurch hat sie eine Vorstellung von der Situation der Promovierenden und weiß, wie sie sie am besten unterstützen kann.
Das Wichtigste ist das Organisationstalent von Ulrike. Ihr fällt es leicht und es macht ihr Spaß, die Veranstaltungen des Graduiertenkollegs zu planen. Bei der Planung der Veranstaltungen arbeitet sie selbstständig und zielgerichtet. Sie trifft eigene Entscheidungen und bringt selbst neue Ideen ein. Insgesamt muss man in der Lage sein, die Übersicht zu behalten und vorausschauend zu arbeiten.
In ihrem Job hat Ulrike mit unheimlich vielen Menschen aus verschiedenen Bereichen zu tun. Sie ist sehr kommunikativ und mag es, mit Menschen im persönlichen Gespräch, per E-Mail oder am Telefon zu kommunizieren. Dies erfordert Offenheit, diplomatisches Geschick und ein sehr gutes sprachliches Ausdrucksvermögen in englischer sowie in deutscher Sprache. Sie muss dabei auch mit unterschiedlichen Charakteren umgehen können, was wiederum eine gewisse Portion an Menschenkenntnis und Dialogfähigkeit bedarf. Durch die Internationalität des Sonderforschungsbereiches bringt sie ebenfalls eine interkulturelle Kompetenz mit. Insbesondere braucht Ulrike für ihren Job eine gute Wahrnehmung und viel Einfühlungsvermögen.
Ulrike verfügt außerdem über Kenntnisse darüber, wie man gute Präsentationen hält oder Forschungsanträge bzw. Fortschrittsberichte schreibt, weil sie die Promovierenden zu diesen Schlüsselkompetenzen berät und diese Kompetenzen auch kontinuierlich von ihr gefordert werden.
Ihre Kenntnisse über Evaluationen hat sich Ulrike in ihrer ehemaligen zweiten Teilzeitstelle im Qualitätsmanagement eines hochschuldidaktischen Zentrums angeeignet. Sie hat währenddessen ebenfalls eine hochschuldidaktische Expertise gewonnen, die sich bei der Konzeption für Workshops mit den Promovierenden sowie bei der Beratung der Wissenschaftler für die fachlichen Summer Schools und der Promovierenden bei der Gestaltung ihrer Vorträge auszahlt.
Während ihrer Promotion war Ulrike Doktorandenvertreterin ihres Instituts, und hat sich bereits dort für die Belange der Promovierenden eingesetzt. Dabei hat sie erkannt, das sie dieses Tätigkeitsfeld sehr reizt. Sie hat Soft-Skill-Kurse organisiert, an der Betreuungsvereinbarung mitgewirkt und ein Berufserkundungsseminar ins Leben gerufen. Dieses Erfahrungspaket war unter anderem ausschlaggebend dafür, dass sie für die Stelle ausgewählt wurde.
Da sie auch die Öffentlichkeitsarbeit von Forschungsinstituten angesprochen hat, hat sie nach ihrer Promotion eine Hospitation in der Pressestelle eines Bundesinstituts gemacht. Auch die dort gewonnenen Erfahrungen helfen ihr nun bei ihrer jetzigen Tätigkeit, insbesondere natürlich der Öffentlichkeitsarbeit.
Da sie nach ihrer Promotion quasi als „Anfängerin“ in ihrem Job gelandet ist, hat Ulrike schon Weiterbildungen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit & PR, interdisziplinärer Zusammenarbeit, Dynamik in Gruppen, Qualitätsmanagement, Beratung & Peer Coaching und Führung besucht. Sie hat außerdem Module des berufsbegleitenden Studiengangs „Bildungs- und Wissenschaftsmanagement“ der Universität Oldenburg absolviert und ist zertifizierte Expertin für Bildungsmanagement.
Für die Koordination des Graduiertenkollegs sind in Ulrikes Woche etwa 19,5 Stunden (50 %) vorgesehen. Wenn bestimmte Veranstaltungen anstehen, fallen bei ihr Überstunden an, besonders in der Zeit vor und während der Summer Schools: Die Summer Schools laufen über eine Woche, an denen sie permanent anwesend ist, um für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen. Meist bummelt sie diese im Nachhinein ab.
Nach Absprache mit ihrem Vorgesetzten arbeitet Ulrike an einigen Tagen auch im Homeoffice.
Um weiter in der Nachwuchsförderung tätig zu bleiben, könnte sich Ulrike nach Stellen umschauen, bei denen sie Angebote für eine größere Anzahl von Promovierenden ausrichtet. Viele Hochschulen haben dafür Dachstrukturen. Alternativ kann sie auch die Koordination oder Leitung einer Graduiertenschule, eines alleinstehenden Graduiertenkollegs oder eines anderen Promotionsprogramms übernehmen. Grundsätzlich stünden ihr Tätigkeiten im Management von Nachwuchsförderung für Promovierende oder jüngerer Zielgruppen offen.
Generell stehen ihr auch andere Tätigkeiten im Bereich des Wissenschaftsmanagement offen.
Es ist kein Geheimnis, dass an Universitäten nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) bezahlt wird. Ulrikes Arbeit fällt in die Entgeldstufe 13.
Schwierig ist es, die ausgeschriebenen Stellen als Koordinatorin überhaupt zu finden. Ulrikes Stelle war z. B. als Wissenschaftliche Mitarbeiterin ausgeschrieben. Manchmal werden die Stellen auch als Koordinatoren oder Referenten bezeichnet. Man muss also diese Schlagworte suchen, wenn man nichts übersehen möchte.
Wenn man eine Tätigkeit in diesem Bereich anstrebt, empfiehlt Ulrike, auf dem Weg dahin schon Erfahrungen zu sammeln, die mit einer derartigen Tätigkeit zu tun haben. Wer mit Erfahrungen in der Organisation von Veranstaltungen und kommunikativen Fähigkeiten glänzen kann, hat schon mal gute Karten.
Die meisten Promotionsprogramme verlangen keine so intensive Betreuung der Promovierenden, wie sie im Graduiertenkolleg betrieben wird, in dem Ulrike angestellt ist. Daher ist bei einigen Stellenausschreibungen auch eine Promotion keine Voraussetzung.
„Mache Praktika und arbeite beruflich auf ein Ziel zu. Wenn die Ziele sich ändern, findet man unter den gesammelten Erfahrungen auch welche, die zum neuen Ziel passen.“
- Studium der Biologie mit den Schwerpunkten Genetik, Biochemie und Mikrobiologie, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
- Diplomarbeit, Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
- Promotion am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg
- Hospitation, Pressestelle des Robert Koch-Instituts, Berlin
- Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachdidaktik der Ingenieurwissenschaften, Technische Universität Hamburg-Harburg
- Referentin für Qualitätsmanagement, Zentrum für Lehre und Lernen, Technische Universität Hamburg-Harburg
- Zertifikatsprogramm „Bildungs- und Wissenschaftsmanagement“, Center für lebenslanges Lernen, Universität Oldenburg
Dieses Interview wurde geführt im Dezember 2015.