„Das Coolste ist eigentlich, dass nachher Produkte im Laden im Regal stehen,
die ich dann auch selber kaufen kann.“
– Dr. Thomas Schmidt-Rose, Laborleiter Forschung & Entwicklung, Firma Beiersdorf AG –
Ein Laborleiter managt sein Labor. Als Führungskraft hat er die Verantwortung für sein Team. Er plant und koordiniert die Arbeitsabläufe. Laborprozesse werden von ihm kontrolliert und überwacht. Dabei muss er Vorgaben seiner Vorgesetzten beachten. Ebenso organisiert er die Ressourcen, hat das Budget im Blick und kümmert sich um die Weiterentwicklung seiner Teammitglieder.
Was war ihrer Meinung nach ausschlaggebend dafür, dass Sie bei Beiersdorf eingestellt wurden?
Da kamen wohl mehrere Faktoren zusammen: Einerseits war Beiersdorf an einer schnellen Besetzung der Stelle gelegen, vor allem aber brachte ich durch meine breite medizinische und biochemische Ausbildung gute Voraussetzungen mit, sowohl in dem aktuellen aber auch später in anderen Projekten der Beiersdorf Forschung wertvolle Arbeit leisten zu können. Und zu guter Letzt war ich dem damaligen Arbeitsgruppenleiter wohl sympathisch. Die Chemie zwischen dem damaligen Teamleiter und mir stimmte. Diesen Kulturfaktor darf von beiden Seiten nicht vernachlässigt werden.
Während ich damals noch relativ formlos eingestellt worden bin, ist der Bewerbungsprozess bei Beiersdorf heutzutage mehrstufig. Man spricht dann jeweils mit sehr vielen unterschiedlichen Leuten, vom direkten Vorgesetzten über Abteilungsleiter bis zum „Personaler“, und die Entscheidung pro oder contra hängt dann vom Gesamturteil ab.
Wie sind Sie dann an Ihre Position gekommen?
In einer internationalen Firma wie Beiersdorf muss man relativ flexibel sein. Man muss sich schnell in neue Themen einarbeiten können. Projekte und Forschungsschwerpunkte können sich ändern, Führungskräfte wechseln oder die Marken-und Produktausrichtung kann sich verändern. Hier hilft es sehr, wenn man eine breit angelegte Ausbildung hat, sich ständig weiterbildet und auf dem Laufenden hält. Ich selbst habe nach meiner Einstellung bei Beiersdorf mehrere Positionen in verschiedenen Abteilungen der Forschung und Entwicklung aufgrund interner Reorganisationen und Stellenumbesetzungen inne gehabt. Die kürzeste Verweildauer war dabei etwa 2 Jahre, die längste 8 Jahre. Jetzt bin ich zuständig für Wirkstoffe in Antitranspirantien und Deodorantien.
Welche nächsten Karrierechancen bietet ihre Tätigkeit?
Es gibt zwei Wege: Es gibt Karriere mit Mitarbeiterverantwortung, die typischerweise zum Labor-, Abteilungs- oder Produkt-Kategorie-Leiter führt. Und es gibt die Fachkarriere, wo man dann als Fachexperte tätig ist, aber nicht unbedingt ein größeres Team von Mitarbeitern hat. Diese Mitarbeiter konzentrieren sich auf fachliche Schwerpunkte. Zwischen diesen beiden Wegen kann man sich entscheiden, wobei es nicht bei dem eingeschlagenen Weg bleiben muss.
Wie würden Sie Ihren typischen Arbeitstag beschreiben?
Meine tägliche Arbeit sieht so aus, dass ich viele koordinierende und steuernde Aufgaben habe. Ich arbeite zwar schon lange nicht mehr selber praktisch im Labor, dennoch habe ich immer noch einen sehr nahen Kontakt zu den Arbeiten im Labor, indem ich alle experimentellen Arbeiten betreue. Die Versuche plane ich mit oder berate Mitarbeiter bei der Planung ihrer Versuche. Ich bekomme die Ergebnisse, bespreche sie mit den Mitarbeitern, interpretiere und setze diese in den größeren Zusammenhang. Auch veranlasse ich externe Studien, da wir nicht alles bei uns intern machen. Wir haben Kooperationen, auch International, mit Universitäten und Zulieferfirmen.
Dabei gleicht kein Tag dem anderen. Es sind zwar schon sehr ähnliche Sachen aber dennoch sehr vielschichtige Tätigkeiten. Man sitzt viel vor dem Computer, betreibt Recherche, liest Literatur, beschäftigt sich mit Patenten, schreibt Berichte, macht und überprüft Auswertungen, führt Schulungen durch und bahnt Kooperationen an. Manchmal sitzt man auch einen großen Teil des Arbeitstages in Besprechungen, in denen die Aktivitäten des eigenen Teams mit den Anforderungen der aktuellen Forschung und Produktentwicklung abgeglichen werden.
Letztendlich ist es eine Managementfunktion. Man stellt die Leistung seines Teams in den Gesamtkontext des Unternehmens und ermöglicht seinen Mitarbeitern die produktorientierte Arbeit, indem man in der F&E (der Autor: „Forschung und Entwicklung“) abgestimmte Aufgaben übernimmt, im Team passend verteilt, notwendige Ressourcen organisiert, Lösungswege erarbeitet und die Ergebnisse an andere weitergibt, die dann die nächsten Schritte durchführen bis das Produkt dann schließlich auf den Markt gelangt.
Mit welchen Personen aus Ihrer Firma arbeiten Sie zusammen?
Ich habe ein Team aus fünf bis sechs Mitarbeitern. Es macht viel Spaß, in und mit einem Team zu arbeiten. Außerhalb des Teams ist man ebenfalls stark vernetzt z. B. innerhalb der Forschung sowie mit den Entwicklungslabors und dem Marketing, weil man vieles über die entsprechenden Produkte mit den Kollegen dort bespricht.
Früher hatten wir F&E praktisch nur in Hamburg. Mittlerweile hat Beiersdorf Entwicklungsabteilungen in Mexiko, China und Indien. Man hat Kontakt zu den Mitarbeitern dort und ist Teil eines sich vergrößernden, internationalen Netzwerks.
Welche besonderen Kompetenzen, Qualifikationen oder Fortbildungen benötigt man für die Ausübung Ihrer Tätigkeit?
Promotion ist schon eine wichtige Voraussetzung für eine Tätigkeit als Laborleiter. Dazu sollte man ein breites Grundwissen vorweisen können und nicht zu spezialisiert sein.
Ich selbst stelle auch manchmal Mitarbeiter ein. Dabei achte ich stark darauf, ob jemand in seinem Lebenslauf deutlich macht, dass er sich für eine bestimmte Thematik interessiert z. B. dadurch, dass jemand möglichst fachspezifische Praktika oder Semesterjobs gemacht hat auch wenn es nicht so viel Geld dafür gab. Jemand zeigt dann, dass er weiterkommen wollte. Ich gucke ganz explizit nach, ob es außeruniversitäre Aktivitäten gibt, die einfach eine gewisse Motivation dokumentieren sowie Interesse an der Sache oder Herzblut für einen Themenbereich zeigen. Ich persönlich finde für einen naturwissenschaftlichen Berufseinsteiger ein fachlich sinnvolles Praktikum in einem guten Institut oder einer Biotechnologiefirma in Deutschland sinnvoller als ein fachfremdes Praktikum im Ausland, z. B. in einer Modefirma in New York, nur um im Ausland gewesen zu sein. Aber generell sind Auslandserfahrung und eine weltoffene Einstellung heutzutage immer wichtiger, schließlich entwickeln wir ja Produkte für Konsumenten weltweit und die haben zum Teil sehr unterschiedliche Lebensgewohnheiten und Produktanforderungen.
Welche persönlichen Eigenschaften sollte man mitbringen, um eine Tätigkeit als Laborleiter zu meistern?
Um erfolgreich zu sein, gehört es schon dazu, dass man ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten besitzt. Komplexe Sachverhalte muss man je nach Anlass manchmal einfach oder auch mal angemessen kompliziert darstellen können.
Man muss Vorträge über die eigene Arbeit oder das allgemeine Thema wie z. B. der Haut und das Schwitzen halten können bzw. interne Schulungen durchführen können. Dazu gehört es natürlich sprachlich gewandt zu sein.
Als Vorgesetzter führt man ein Team. Das bedeutet, dass man mit unterschiedlichen Charakteren und Persönlichkeiten zurechtkommen sowie mit auftretenden Reibungspunkte umgehen können muss. Dafür werden entsprechende Schulungen angeboten, in denen man dies lernen kann.
Wie häufig benutzen Sie eine Fremdsprache?
Die englische Sprache ist Voraussetzung und man muss sie flüssig und gesprächssicher beherrschen. Später dann oft auch verhandlungssicher, weil man z.T. auch Vertragsverhandlungen mit Kooperationspartnern oder Lieferanten mit betreut. Beiersdorf ist mittlerweile so international, dass auch viele interne Vorgänge auf Englisch ablaufen. Alle Berichte und Besprechungsprotokolle werden auf Englisch geschrieben. Es gibt innerhalb der Firma auch Trainings für Fachsprachen. Man wächst nach und nach da rein.
Auf was muss man sich einstellen, wenn man Laborleiter in einer Firma wie Beiersdorf ist?
Beiersdorf ist eine mittelgroße Firma mit weltweit 17.000 Mitarbeitern, in der läuft vieles deutlich anders als in kleineren Start-Up-Unternehmen, aber auch anders als in Riesenfirmen wie BASF oder Bayer: man hat schon mehr Ressourcen als in einem kleinem Start-Up-Unternehmen. Man ist nicht nur fokussiert auf wenige Produkte. Forschung in einer mittelgroßen Firma, wie es Beiersdorf ist, bedeutet produktnahe Forschung. Man forscht nur weiter an Aspekten, die für Produkte, die die Firma vertreibt, auch relevant sind. Das bedeutet, wenn man bei Beiersdorf etwas findet, dass mit Kopfschmerzen zu tun hat, dann beschäftigt man sich eben nicht weiter damit, weil es nicht zu den Produkten gehört, die die Firma vertreibt. Das ist wiederum in größeren Unternehmen anders, die sich mit einem noch breiteren Themenspektrum beschäftigen und auch mal das eine oder andere Sonderthema weiter verfolgen können. Wir können uns eine von unseren Produkten zu weit entfernte Forschung in dem kompetitiven Umfeld, in dem wir unsere Produkte vermarkten, nicht leisten. Wir müssen unsere Kräfte auf die Produkte fokussieren und bündeln.
Wie steht es um ihr Gehalt und Ihre Arbeitszeiten?
Laborleiter sind überwiegend außertarifliche Mitarbeiter, sie haben ein verhandeltes Gehalt innerhalb bestimmter Rahmen. Umso höher man kommt, umso mehr Flexibilität bezüglich der Arbeitszeit wird erwartet. Es kommt schon mal vor, dass man sich Arbeit mit nach Hause nimmt. Das Arbeitspensum würde ich aber als normal beschreiben. Eine gewisse Flexibilität, wenn etwas Dringendes ansteht, ist manchmal nötig. Immer aber natürlich unter Beachtung des Vorgaben des Arbeitnehmerschutzes. Überstunden kann man bei Beiersdorf zudem über die Gleitzeit wieder ausgleichen.
Wie familienfreundlich ist Ihr Arbeitgeber und wie äußert sich dies?
Das Unternehmen Beiersdorf ist sehr familienfreundlich. Die Firma hat einen eigenen Kindergarten, die „Troplo-Kids“ direkt neben dem Firmengelände. Viele Mitarbeiter arbeiten in Teilzeit. Dazu existieren verschieden Modelle, neuerdings sogar Job-sharing Tandems. Ebenso ist es teilweise möglich, Heimarbeit zu machen, wenn z. B. ein Kind krank wird. Dann besteht die Möglichkeit Schreibtischarbeiten vorübergehend auch von zu Hause durchzuführen. Und es gibt Elternzeit für die Männer, was von einigen Kollegen auch genutzt wird.
Was ist das Coolste an Ihrem Job?
Ja, das Coolste ist eigentlich, dass nachher Produkte im Laden im Regal stehen, die ich dann auch selber kaufen kann. Das daraus irgendwie was wird und das man daran einen Beitrag geleistet hat. Und man sieht Fernsehwerbung oder sich selbst bei YouTube bei einer Pressekonferenz zur Markteinführung. Es kommt ein Produkt auf dem Markt, das anderen Leuten irgendwie nützt oder gefällt. Ja, so etwas macht richtig Spaß!
Was würde Sie Ihrem 14jährigen Ich raten?
Viele Dinge ausprobieren, auch praktisch, und sich schon während der Schulzeit mit vielen verschieden Dingen beschäftigen. Sich dabei aber nicht zu früh festlegen. Man sollte sich vorher bewusst machen, was einem liegt. Nur weil man eine Tätigkeit für ein oder zwei Stunden am Tag gern macht, heißt das nicht, dass man das vierzig Jahre lang gern macht. Obwohl ich es spannend fand, habe ich mir in Sachen Zahnmedizin nicht intensiv genug klar gemacht, wie die tägliche Arbeit wirklich aussieht. Dennoch habe ich es immer als positiv empfunden, dass mein Ausbildungsweg nicht so geradlinig war, sondern durch verschiedene Schwenks eine gewisse Breite bekommen hat.
Man muss sich die Sachen im wahren Leben mal für einen längeren Zeitraum antun. Dann erst kann man entscheiden, ob es wirklich etwas für einen ist. Folglich rate ich, möglichst häufig praktische Erfahrungen zu sammeln. Warum auch nicht mal ein Extrajahr einschieben? Das könnte wichtig sein, um entscheiden zu können: „Ist das wirklich das Richtige für mich?“ Manchmal lohnt es sich, sich zu orientieren.
Das ist ein schönes Schlusswort. Ich danke Ihnen für das Gespräch.
Das Interview wurde im Februar 2015 geführt.