„Das spannende an dem Job ist das kein Tag wie der vorherige ist. Man kommt dabei mit den unterschiedlichsten Bereichen der Firma in Kontakt – immer mit dem Ziel die Patienten bestmöglich versorgen zu können.“
– Dr. Nadja Gallus*, Managerin Dokumentation/Complaint Managerin –
Von außen betrachtet erscheint die Pharmawelt sehr komplex. Es gibt verschiedenste Jobs in der Branche, die gepaart mit Richtlinien und Abkürzungen Neulingen wie mir leicht einen Knoten ins Gehirn bringen. Abhilfe verschafft mir da Nadja, die uns ihren Beruf als Managerin Dokumentation/Complaint Managerin vorstellt. Eine große Rolle spielt dabei die Sicherheit von Patienten, die durch das Einhalten von Gesetzen und Richtlinien gewahrt werden soll. Nadja ist ein Glied in der langen Kette, das prüft ob die Medikamente, die das Unternehmen, in dem sie arbeitet, das sind, was sie sein sollen. Es gibt dafür eine weite Welt der Good Manufacturing Practice und Qualitätssicherung, in der sie sich täglich bewegt.
Nadjas Arbeitsalltag hat sehr viel damit zu tun, Daten in einen Computer einzugeben. Da sie sehr computeraffin ist, kommt ihr diese Tätigkeit sehr entgegen. Nadjas Hang zur Genauigkeit spielt ihr ebenfalls zu, da ihr Job darin besteht, Dinge zu prüfen. Was auf den ersten Blick eintönig klingen mag, birgt dennoch viel Abwechslung: „Man weiß nie, was passiert und eigentlich kommt immer was rein“, verrät Nadja über ihren Job.
Seit 3,5 Jahren arbeitet Nadja bereits in dem Pharmaunternehmen an der Elbe, das sich mit seinen 1100 Mitarbeitern auf Medikamente im Bereich der Rheumatologie und Onkologie spezialisiert hat. Das Unternehmen vertreibt weltweit 30 – 40 verschiedene Wirkstoffe in verschiedenen Konzentrationen oder Volumen. Hierfür arbeitet Nadjas Unternehmen mit verschiedenen sogenannten Lohnherstellern zusammen. Die Lohnhersteller produzieren die Arzneimittel im Auftrag von Nadjas Firma. Dort werden sie für den Verkauf fertiggestellt, indem sie für unterschiedliche Länder verpackt werden, oder z. B. mit Aufklebern des Unternehmens versehen werden.
„Ich habe das Gefühl, dass meine Arbeit aus unregelmäßigen Aufgaben besteht. Was typisch ist, ist dass ich viel am Computer arbeite“, beschreibt Nadja ihren Arbeitsalltag. Sie arbeitet viel mit zwei Programmen, dem Warenwirtschaftsprogramm und dem Informationsmanagementprogramm für Laborarbeiten.
„Ganz typisch ist, dass die Laboranten im Labor eine bestimmte Prüfung nach den Richtlinien der Good Manufacturing Practice durchgeführt haben. Ich prüfe nach, ob es GMP-gerecht dokumentiert wurde. Ich gleiche einerseits auf Papier und andererseits im System ab, ob alles korrekt übertragen wurde“, erklärt uns Nadja. Auch typisch für ihren Arbeitsalltag ist, dass Nadja Ware, die sie bekommen beprobt und untersucht. Mit beprobt meint Nadja, dass für jede Ware, die sie bekommen und weiter bearbeiten, nachgewiesen werden muss, dass es sich dabei auch um die Probe handelt, die sie bestellt haben. Sie dürfen nicht davon ausgehen, dass sie auch das bekommen haben, was sie bestellt haben. Die Beprobung wird nicht von Nadja selbst durchgeführt, aber Nadja kontrolliert, ob die Beprobung korrekt durchgeführt wurde.
Nadja arbeitet sehr viel mit dem Laborinformationsmanagement-System, das aufgrund der vielen verschiedenen Produkte in ihrem Unternehmen sehr viel Pflege in Anspruch nimmt. In dieses System trägt Nadja alle Ergebnisse ein. Das System überprüft, ob die Ergebnisse den Vorgaben entsprechen und dokumentiert sie anschließend.
Den Rest ihrer Arbeitszeit verbringt Nadja mit spontanen Aufgaben, die etwas mit Good Manufacturing Practice zu tun haben. Als Beispiel nennt Nadja folgende Szenarien: „Bei einem unserer Lohnhersteller wurde neuer Prozessschritt etabliert. Das stand nicht auf den Dokumenten, wie wir das bei uns gewohnt sind. Da musste ich Rücksprache halten, damit entsprechende Korrekturen durchgeführt werden. Oder ich mache eine Partikelprüfung. Das heißt, ich überprüfe, wie viele nicht-sichtbare Partikel in einer Lösung sind. Wenn in der Beschreibung steht, dass unter einem Partikel in der Lösung enthalten sind, dann ist das unlogisch. Es gibt entweder einen Partikel oder keinen, aber nicht 0,1 Partikel. Dann muss man mit den Unternehmen reden, dass sie das so angeben, wie wir das wollen.“
Insgesamt ist Nadja ca. 25 – 30 % ihrer Zeit mit der Bearbeitung von Reklamationen beschäftigt (siehe Abbildung). Das bedeutet, dass sie Berichte schreibt oder Informationen vom Lohnhersteller einholt. Ca. 60 % ihrer Arbeitszeit verbringt sie Nadja mit der Dokumentation oder der Überprüfung von Ergebnissen im System. Die letzten 10-15 % bearbeitet Nadja kleinere Projekte sowie Korrekturen oder schreibt andere Berichte: „Ich schaue im System, wo Prozesse hängen oder welche Sachen eilig sind und überlege, wie ich das beschleunigen kann. Ich laufe viel hinter Leuten her, denn Zeit ist Geld.“
Eine Voraussetzung für den Job als Managerin Dokumentation/Complaint Managerin ist ein naturwissenschaftliches Studium und somit ein Grundverständnis über naturwissenschaftliche Labormethoden. Englisch benötigt Nadja für die Erstellung von Berichten und die Kommunikation mit den bestimmten Lohnherstellern und internationale Reklamationen in ca. 20 – 30 % ihrer Arbeitszeit.
Hilfreich für die Einstellung sind Kenntnisse in Good Manufacturing Practice. Sich im Labor auskennen ist zudem ist wünschenswert für die Tätigkeit.
Besonders wichtig ist für Nadjas Job, dass sie gut organisiert ist und einen Überblick über ihre verschiedenen Aufgaben hat. Sie muss zudem sehr genau arbeiten und wie sie selbst sagt, pingelig sein. Dies gilt vor allem bei Werten, die sie kontrolliert.
Da Nadja mit extrem vielen Menschen zu tun hat muss sie zudem teamfähig sein und gerne kommunizieren. Sie benötigt zudem ein ordentliches Feingefühl und auch Durchsetzungsvermögen, um die Belange ihrer Firma durchzusetzen. Umgekehrt muss sie stressresistent sein, wenn es aus anderen Abteilungen heißt: „Panik, Panik, wir brauchen die Sachen ganz schnell!“
Für ihre zahlreichen Tätigkeiten am PC ist eine Affinität zu Computern von Vorteil.
Zu Beginn ihrer Arbeit als Managerin Dokumentation/Complaint Managerin hat Nadja ein Seminar zu Good Medical Practice besucht, um in ihren Job reinzukommen. Sie hat ein weiteres Seminar besucht, dass im engeren Sinn auch mit ihrer Arbeit zu tun hat um sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Nadja hat eine 40-Stunden-Woche und macht nur selten Überstunden. Fallen Überstunden an, kann sie diese über Gleittage wieder ausgleichen. Viele ihrer Kolleginnen arbeiten in Teilzeit, auch in ihrer Abteilung.
Für Nachwuchs von Mitarbeiter_innen bezuschusst ihr Unternehmen Plätze in einem nahegelegenen Kindergarten.
Nadjas Arbeit lässt sich fast ausschließlich an ihrem Arbeitsplatz erledigen, so dass sie kaum unterwegs ist. Home-office ist bei ihrem Job schwer, da Nadja für viele ihrer Tätigkeiten physisch anwesend sein muss, z. B. um Dokumente von A nach B zu bringen, damit sie weiter bearbeitet werden können. Generell ist in ihrer Firma Home-office möglich. Auch sonst beschreibt Nadja ihren Arbeitgeber als bemüht, zur Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter_innen beizutragen.
Innerhalb des Qualitätsmanagements kann Nadja auf eine andere Positionen wechseln, beispielsweise in die Lieferantenqualifizierung oder in die Produktion. Ehemalige Kollegen arbeiten jetzt z.B. als Laborleitung.
Nadja verdient etwas mehr als nach Tarifvertrag der Länder in der Entgeltstufe 13 gezahlt wird. „Damit zahlt das Unternehmen für Pharmaunternehmen schlecht“, erklärt sie. Es gibt zwar keine Tarifverträge, jedoch wird angestrebt, ähnliche Positionen anhand von sog. Gehaltsbändern auch ähnlich zu vergüten.
Den Einfluss auf ihr Gehalt beschreibt Nadja als eher gering. Lohnerhöhungen in Form von positiven Änderungen erhält Nadja regelmäßig. Gegenüber ihren Tätigkeiten empfindet Nadja ihr Gehalt auch angemessen.
Nadjas Position als Complaint Managerin/ Managerin Dokumentation eignet sich hervorragend als Einstiegsposition nach dem Studium oder der Doktorarbeit. Als Vorteile ihres Jobs nennt Nadja: „Man geht in die Breite und hat mit vielen anderen Bereichen zu tun.“
Vor dem Bewerbungsgespräch hat Nadja mit ihrer Vorgängerin, die auch an der TU Braunschweig studiert hatte, ein Gespräch über ihren potentiellen Job. „Mit der hatte ich dann mich vorher auch unterhalten darüber, was denn genau meine Tätigkeiten sind, damit ich dann auch mit mehr Info ins Gespräch reingehen konnte. Das war echt super,“ beschreibt Nadja ihre die Vorteile, die sie genossen hat. Sie verrät zudem: „Im Gespräch konnte ich meinen Vorgesetzten überzeugen, da ich als Kampfrichterin bei Leichtatlethik-Wettkämpfen schon immer Daten in Software eingegeben habe. Das hat meinen Chef überzeugt, da ich wusste, worauf ich mich einlasse.“
Als Nadja nach ihrer Promotion auf der Suche nach einer Stelle war, hatte eine Bekannte die bereits bei ihrem jetzigen Unternehmen angestellt war, Nadja auf eine freie Stelle aufmerksam gemacht. Diese Stelle hat Nadja zwar nicht bekommen, jedoch wurde sie für eine später freigewordene, schnell zu besetzende Stelle berücksichtigt. „Da war ganz viel Vitamin B im Spiel,“ führt Nadja aus.
„Es macht Sinn ein Praktikum in der Industrie zu machen. Einfach nur, um das gesehen zu haben. Unabhängig davon, ob man in die Industrie möchte oder nicht. Weil so kennt man ja nur Schule, man kennt nur Uni, man kennt nur da das Labor und es macht einfach nur Sinn, das kennen zu lernen. Einfach um zu sehen, wie es da tickt. Dann kann man immer noch sagen, will ich an der Uni bleiben, will ich in der Forschung bleiben oder geh’ ich doch in die Industrie. Und wenn, dann kennt man schon Begriffe und Abläufe. Es macht Sinn, sich die Zeit dafür zu nehmen.“
- Biotechnologie-Studium, TU Braunschweig, Diplom
- Diplomarbeit, Irland. Dublin City University, School of Biotechnology
- Promotion TU, Braunschweig, Institut für Biochemie, Biotechnologie & Bioinformatik
Das Interview wurde im Februar 2017 geführt.
*Name geändert