„Meine Firma bezahlt mich dafür, dass ich für sie etwas erforsche,
was mich selbst interessiert.“
– Dr. Volker Rachow*, Projektleiter –
In seiner Position als Projektleiter in einem mittelständigen Unternehmen mit ca. 80 Mitarbeitern leitet Volker zwei Abteilungen im Bereich der Krebsforschung. Genauer gesagt untersucht er im Rahmen der Entwicklung von personalisierten Therapien, die Wirkung von Medikamenten und sucht nach Biomarkern in Tumorzellen für Auftraggeber aus Deutschland und den USA.
Volkers typischer Arbeitstag fängt damit an, Mails zu lesen. Die bestimmen in der Regel seinen Arbeitstag, da Kunden Informationen anfordern, die er beantworten und dafür ggfs. recherchieren muss. Er holt im Laufe des Tages den Stand der einzelnen Projekte ein, um zu schauen, wo sie stehen. Außerdem bespricht er sich mit den Studierenden, die er gerade betreut. Den Rest des Tages wertet er die Daten aus und stellt sie für Veröffentlichungen, Poster oder Vorträge zusammen, sitzt also viel am Schreibtisch bzw. am Computer. Immer mal wieder beantwortet er Zwischenfragen aus dem Labor und hilft beim troubleshooting oder stimmt Dinge mit seiner Vorgesetzten ab.
Volker bringt ein breites molekularbiologisches, biochemisches und biomedizinisches Fachwissen mit, dass er sich über seine Schwerpunkte im Studium, seine Diplomarbeit und während der Promotion angeeignet hat. Für seinen speziellen Arbeitsbereich verfügt er aber auch über ein Detailwissen. Beides benötigt er, um Kunden zu überzeugen und gut beraten zu können. Während seiner Promotion hat er bereits einige der Geräte und Methoden kennengelernt, die den Bedürfnissen seines Arbeitsbereiches genau entsprechen.
Das Wort Projektleiter impliziert schon eine Leitungstätigkeit. Tatsächlich besteht Volkers Team aus 5-6 Mitarbeitern, das er führt. Als Vorgesetzter muss er daher konstruktives Feedback geben und über empathische Fähigkeiten verfügen, um das Team zu motivieren und den Teamspirit am Laufen zu halten. Für den Job muss er auch eine große Portion Flexibilität mitbringen, da es immer wieder zu Zwischenfragen aus dem Labor kommt, die seine aktuelle Tätigkeit unterbrechen. Um die Fragen beantworten zu können, muss man diskussionsfreudig sein und lösungsorientiert arbeiten, logisch denken können und auch analytisch-kreativ sein. Wenn die Projekte nicht so laufen, wie sie sollen, muss Volker auch Frust aushalten können. Da mehrere Projekte parallel laufen, sorgt strukturiertes Arbeiten bei ihm für eine gute Übersicht. Das wissenschaftliche Arbeiten verlangt außerdem, objektiv zu arbeiten, aber dazu wird man als Biologe schließlich ausgebildet. Beim Umgang mit Kunden ist es wichtig, freundlich zu sein und gleichzeitig integer und selbstsicher aufzutreten, um eine Vertrauensbasis aufbauen zu können. Man sollte aber auch seine Grenzen kennen und dem Kunden nichts vormachen. Sollten Kundenwünsche nicht umzusetzen sein, bedarf es auch diplomatisches Geschick, um ihnen nicht vor den Kopf zu stoßen und dennoch ein sinnvolles Projekt aus ihrer Idee zu entwickeln. Um dem Unternehmen neue Impulse zu geben, denkt Volker zukunftsorientiert und innovativ und schaut auch über seinen Tellerrand hinaus. Reiselustig sollte man auch sein, denn Volker ist wie erwähnt ca. vier Mal im Jahr auf Kongressen unterwegs oder besucht Kunden, meist in den USA und europaweit gelegentlich in Deutschland. Gutes Englisch in Wort und Schrift ist hierfür unumgänglich.
Volkers großer Vorteil war, dass er schon in der Thematik, an der er jetzt arbeitet, promoviert hat. Dadurch brachte er schon Methoden- und Fachkenntnisse mit, die für das Unternehmen und seine Position einen großen Wert haben. Darüber hinaus hat er während seiner Promotion auf Kongressen überzeugen können und brachte auch aus seiner Diplomarbeit heraus relevantes Fachwissen mit. Seine Vorgesetzten wussten daher, was sie an Volker hatten und konnten ihm daher eine Position anbieten, die nicht unbedingt für Einsteiger empfehlenswert ist.
Volker hat sich in seinem Job als Gentechnik-Beauftragter weiterbilden lassen und ein Seminar für Führungskräfte besucht.
Mit Volkers Job sind Familie und Hobbies vereinbar. Überstunden macht er, aber er notiert sie nicht. Da sein Unternehmen Gleitzeit hat, kann er relativ frei über sein Kommen und Gehen entscheiden und Überstunden in stressfreien Zeiten abbauen. Als Teilzeitjob eignet sich seine Position als Projektleiter allerdings nicht.
Sollte Volker einmal den nächsten Karriereschritt antreten, wäre dies möglicherweise in einem anderen und größeren Unternehmen. Dort gibt es mehrere Stufen zwischen seiner Position und der Leitung der Forschungsabteilung, so dass er dann eine höhere Ebene der Projektleitung einnehmen könnte. Gute Möglichkeiten für Volker gäbe es in den USA, da viele seiner Kunden dort sitzen. Wahlweise könnte er auch die Position seiner Vorgesetzten übernehmen, sollte sich diese Möglichkeit ergeben.
Volker verdient mehr als ein promovierter Biologe an der Universität. Insgesamt, sagt er, wird in der freien Wirtschaft eher die Leistung und Qualifikation bezahlt. Ein Doktortitel ist daher nicht unbedingt Einstellungskriterium. Eher im Gegenteil: Promovierte Biologen kosten Unternehmen mehr als nicht-promovierte Biologen.
Wer für eine Stelle als Projektleiter möglichst viel mitbringen möchte, der fängt am besten schon im Studium mit Praktika in Krankenhäusern (z. B. in der Pathologie) und Analyselaboren an.
(Foto: www.pixabay.com
Neben guten Statistikkenntnissen ist es aber genauso wichtig, die Daten auswerten zu können, sprich Erfahrungen mit dem MS Office-Paket und Statistikprogrammen mitzubringen. Kenntnisse im wissenschaftlichen Schreiben sind ebenfalls von Vorteil. Meist bewerben sich auf ausgeschriebene Stellen über 100 Personen, von denen aber nur wenige auf die Stelle passen. Um dem vorweg zu greifen, lohnt es sich immer, auch Initiativbewerbungen zu schreiben. Auch lohnt sich ein Blick in die Tageszeitung, um auf ausgeschriebene Stellen aufmerksam zu werden. Weiterbildungen im Qualitätsmanagement oder rund um Arzneimittelverordnungen sind in der freien Wirtschaft gern gesehen. Insgesamt, sagt Volker, sieht es für Biologen in dem Sektor allerdings nicht gut aus. Am besten ist es, wenn man sich für diesen Job entscheidet, wenn man wirklich sehr großes Interesse daran hat, sagt er.
- Biologie-Studium (Biochemie, Genetik, Medizinische Mikrobiologie)
- Arbeit als Wissenschaftler
- Promotion in einem mittelständigen Biotechnologie-Unternehmen
Das Interview wurde im Juni 2014 geführt.
*Name geändert