Regulatory Affairs Manager

Morgens löse ich Probleme mit Indien und China und nachmittags melden sich die Südamerikaner bei mir.

– Dr. Dominik Werner*, Regulatory Affairs Manager –

Wer in der EU ein Arzneimittel vermarkten möchte, benötigt dafür eine behördliche Erlaubnis – die so genannte Arzneimittelzulassung. Da kommt der Regulatory Affairs Manager ins Spiel: seine Aufgabe ist es, diese Zulassung für das Pharmaunternehmen bei Zulassungsbehörden zu erlangen und auch zu erhalten.

Zulassungsbehörden prüfen Arzneimittel kritisch auf ihre Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität, um am Ende eine Nutzen-Risiko-Bewertung vornehmen zu können. Für diese Bewertung erstellt der Regulatory Affairs Manager ein Dossier, das alle relevanten Informationen zur Entwicklung, zu präklinischen und klinischen Studien, zur Herstellung und zur Qualität des Arzneimittels enthält. Diese Dossiers umfassen in der Regel mehrere 1000 Seiten. Stellt die Zulassungsbehörde während eines Zulassungsverfahrens Fragen, so ist der Regulatory Affairs Manager der Ansprechpartner für die Behörde und koordiniert die Beantwortung der Fragen durch die Fachabteilungen im Unternehmen.

Für die Vermarktung eines Medikaments benötigt die Pharmafirma eine so genannte Arzneimittelzulassung. Diese soll gewährleisten, dass jedes Medikament auf dem Markt sicher und wirksam ist. Dafür erstellt der Regulatory Affairs Manager ein Zulassungsdossier, das alle benötigten Informationen enthält, um am Ende eine Nutzen-Risiko-Bewertung vornehmen zu können.

Nach der Zulassung eines Medikaments ist die Arbeit des Regulatory Affairs Managers aber noch nicht vorbei. Nach erteilter Zulassung ist das Pharmaunternehmen verpflichtet, fast alle Änderungen an der Herstellung und den analytischen Prüfungen der Behörde zur Genehmigung vorzulegen. Auch die Texte der Packungsbeilage und der Fachinformation für Ärzte werden zu großen Teilen in der Zulassungsabteilung verfasst.

BISHERIGER WERDEGANG

Herr Werner, lassen Sie uns mit Ihrem beruflichen Werdegang starten. Wie sah der aus?

Studiert habe ich ganz klassisch Biologie auf Diplom in Göttingen mit den Schwerpunkten Mikrobiologie, Biochemie und Organische Chemie. Meine Diplomarbeit habe ich bei der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung mbH (GBF) in Braunschweig gemacht, wo ich auch für meine Promotion geblieben bin. Aus der GBF wurde währenddessen das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung.

Der Berufseinstieg in die Pharmaindustrie ist mir in der Zulassungsabteilung einer kleinen Pharmafirma gelungen, wo ich gut zwei Jahre gearbeitet und parallel den berufsbegleitenden Studiengang „Master of Drug Regulatory Affairs“ in Bonn absolviert habe. Mit dieser Erfahrung konnte ich mich dann gut auf andere Stellen bewerben. Mittlerweile arbeite ich bei einem mittelständischen Pharmaunternehmen, das international tätig ist.

Wollten Sie schon immer in der Arzneimittelzulassung arbeiten?

Die Zeit der Promotion war schon sehr spannend und ich finde es großartig, wie viel man da ausprobieren kann und sich dabei weiterentwickelt. Am Ende der Promotion war ich mir aber zumindest sicher, dass ich das Labor verlassen wollte. Da man während des Studiums und der Doktorarbeit nicht wirklich auf berufliche Alternativen vorbereitet wird, und es den Biologenkompass auch noch nicht gab, musste ich Tage und Nächte mit der Internetrecherche verbringen. Schlussendlich habe ich mich dann für die Arzneimittelzulassung entschieden; ohne ganz genau zu wissen, was da auf mich zukommt.

DIE KARRIERELEITER

Wie ist Ihnen der Einstieg in Regulatory Affairs gelungen?

Als ich mich nach intensiver Internetrecherche entschlossen habe, in die Arzneimittelzulassung zu gehen, musste ich erst mal schauen, welche Pharmaunternehmen es überhaupt gibt. Ich war regional nicht gebunden und konnte mich daher in ganz Deutschland bewerben. Das war auf jeden Fall ein großer Vorteil. Problematisch war, dass ich keine relevante Berufserfahrung vorzuweisen hatte. Nach ca. 30 erfolglosen Bewerbungen habe ich mich dann zusätzlich für den berufsbegleitenden Masterstudiengang „Master of Drug Regulatory Affairs“ der Deutschen Gesellschaft für Regulatory Affairs (DGRA) in Bonn beworben. Nachdem ich dort eine Zusage bekommen und diese Information mit in meine Bewerbungen aufgenommen habe, bekam ich tatsächlich einige positive Rückmeldungen von den Unternehmen. Letztlich hat mich ein kleines Pharmaunternehmen eingestellt, das gerade drei Stellen in der Arzneimittelzulassung zu besetzen hatte. 

Welche nächsten Karrierechancen bietet Ihre Tätigkeit?

Klassischerweise startet man als (Junior-)Regulatory Affairs Manager und übernimmt dann mit wachsender Erfahrung immer mehr Aufgaben und Verantwortung. Später als Teamleiter*in trägt man zusätzlich auch Personalverantwortung. Weitere Karrierewege sind dann beispielsweise Abteilungsleiter*in oder bei internationalen Konzernen auch so etwas wie Global Head of Regulatory Affairs.

Ein weiterer beliebter Karriereweg ist die Freiberuflichkeit. Hat man genügend Erfahrung gesammelt, gibt es die Möglichkeit, sich als Regulatory Affairs Consultant selbstständig zu machen und für verschiedene Unternehmen zu arbeiten.

EIN TYPISCHER ARBEITSALLTAG

Wie würden Sie Ihren typischen Arbeitstag beschreiben?

In der Regel habe ich parallel mehrere Projekte zu bearbeiten und zu koordinieren, z. B. habe ich aktuell die regulatorische Verantwortung für eine Reihe von Produkten in verschiedenen Ländern. Den typischen Arbeitstag gibt es da kaum, weil je nach Projekt ganz verschiedene Aufgaben auf mich zukommen.

An einem Tag kommt beispielsweise die Produktionsabteilung auf uns zu und möchte bei der Herstellung eines bestimmten Arzneimittels Änderungen vornehmen, damit es zum Beispiel mit weniger Ausschuss produziert werden kann. Ich gebe dann meine regulatorische Einschätzung ab und kläre eine ganze Reihe von Fragen. Ist diese Änderung den Behörden zu melden? Wenn ja, welche Unterlagen muss die Fachabteilung dafür erstellen? Und gilt dies auch außerhalb der EU? Müssen unsere Partner informiert werden? Durch verschiedene Produkte aus verschiedenen Ländern kommen da ganz unterschiedliche Fragen auf mich zu. 

Was jedoch die meisten Arbeitstage gemeinsam haben ist, dass ich viel Zeit am Telefon oder mit E-Mails verbringe. Der Kontakt mit Zulassungsbehörden und unseren Partnerfirmen nimmt viel Zeit ein. Innerhalb der Firma nehme ich außerdem an Besprechungen teil, vertrete die Zulassungsabteilung und muss die Texte der Packungsbeilage prüfen. Außerdem erstelle ich Dokumente für Zulassungsanträge und erinnere die Fachabteilungen freundlich an eine wichtige Behördenfrist für die Beantwortung von Fragen. 

Mit welchen Personen aus Ihrer Firma arbeiten Sie zusammen?

Die Zulassungsabteilung arbeitet tatsächlich mit nahezu allen anderen Fachabteilungen zusammen, wodurch man spannende Einblicke in viele verschiedene Gebiete erhält. Wenn ich für ein Arzneimittel bei der Zulassungsbehörde einen Antrag auf Zulassung stelle, reiche ich als Regulatory Affairs Manager die benötigten Unterlagen ein, die zusammen mit verschiedenen Fachabteilungen erstellt wurden.

Als Regulatory Affairs Manager reicht man Zulassungsanträge für Arzneimittel bei den Zulassungsbehörden ein, an denen viele Beteiligte im Unternehmen mitarbeiten.

Dazu gehören beispielsweise die Entwicklungsabteilung, die Qualitätskontrolle, die Qualitätssicherung, die Pharmakovigilanz oder auch die Marketingabteilung. Die Behörde benötigt für ihre Beurteilung einen vollständigen Überblick über das Arzneimittel von der Entwicklung, über klinische Studien, die Herstellung, die analytischen Kontrollen, die Arzneimittelsicherheit bis zu Verpackungs- und Haltbarkeitsinformationen. Zu meiner Aufgabe als Regulatory Affairs Manager gehört es daher auch, die Fachabteilungen zu beraten, welche Infos die Behörden brauchen. Die Zulassungsabteilung stellt damit das Bindeglied zwischen Zulassungsbehörde und den Fachabteilungen innerhalb eines pharmazeutischen Unternehmens dar.

FACHLICHE KOMPETENZEN

Welche besonderen Kompetenzen, Qualifikationen oder Fortbildungen benötigt man für die Ausübung Ihrer Tätigkeit?

Meistens wird ein naturwissenschaftliches Studium verlangt; oft in Kombination mit einer Weiterbildung im Bereich Regulatory Affairs. Eine Promotion ist kein Muss, wird aber oft gern gesehen. Neben dem oben erwähnten Masterstudiengang der DGRA gibt es eine Reihe von Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich. Für den Einstieg in Regulatory Affairs gibt es mittlerweile eLearning- und Online-Seminare, die meiner Meinung nach für Berufseinsteiger geeignet sind und zudem nicht so viel kosten.

Können Sie unseren Leser*innen ein Online-Seminar zum Einstieg in Regulatory Affairs empfehlen?

Einzelne Kurse möchte ich nicht unbedingt empfehlen. Aber bei der Auswahl eines Einsteigerkurses gibt es einige Punkte, auf die ich achten würde:

  • Der Kurs sollte möglichst auch eine Einführung in die Pharmazeutische Industrie und die Entwicklung von Arzneimitteln bieten. Diese Informationen sind hilfreich, um die Informationen zur Arzneimittelzulassung überhaupt richtig einordnen zu können.
  • Um die vielen und neuen Informationen besser verstehen zu können, sollte ein Online-Kurs auch ein entsprechendes Lernskript anbieten. So hat man die Möglichkeit nochmals in Ruhe bestimmte Punkte nachzulesen.
  • Beim Preis würde ich einfach verschiedene Einsteigerkurse vergleichen. Die Grundlagen der Arzneimittelzulassung können viele und das muss nicht übermäßig teuer sein.

Die Frage, ob lieber „Webinar mit einem Vortragenden“ oder einen „eLearning-Kurs, den man selbst durcharbeitet“, muss jeder für sich entscheiden. Gerade bei Anfängerkursen mit vielen neuen Informationen würde ich aber das eLearning bevorzugen, da man hier in seinem eigenen Tempo lernen kann.

ÜBERFACHLICHE KOMPETENZEN

Wie häufig benutzen Sie eine Fremdsprache?

Da wir Kunden und Partner auf der ganzen Welt haben, muss man die englische Sprache gut beherrschen. Englische E-Mails zu schreiben gehört zur täglichen Arbeit. Ab und zu gibt es auch mal eine Telefonkonferenz auf Englisch mit ausländischen Partnern oder Behörden. Dazu kommt, dass die Unterlagen, die man den Zulassungsbehörden schickt, ebenfalls alle in Englisch verfasst werden. Tatsächlich ist die englische Sprache also zwingend ein Muss in diesem Bereich. Allerdings kommt man da meiner Meinung nach mit der Zeit rein. Als Berufseinsteiger wird man nicht gleich schwierige Themen in Englisch an Kunden kommunizieren müssen. Außerdem kann man sich vieles bei Kolleg*innen abschauen, wodurch man viel lernt und mit der Zeit immer besser wird.

Welche Fähigkeiten oder Fertigkeiten muss ein Regulatory Affairs Manager sonst noch mitbringen?

Grundsätzlich sollte man eine sorgfältige und strukturierte Arbeitsweise haben. Die Zulassungsbehörden setzen in der Regel Fristen für die Beantwortung von Fragen, die man unbedingt einhalten sollte.
Da man regelmäßig mit den anderen Fachabteilungen zusammenarbeitet und diskutiert, sollte man darüber hinaus über eine gewisse Kommunikationsstärke und auch über ein gutes Durchsetzungsvermögen verfügen.

WEITERBILDUNGEN

Parallel zu meinem ersten Job habe ich den Masterstudiengang „Drug Regulatory Affairs“ in Bonn absolviert, der über zwei Jahre ging. Der Studiengang ist wirklich sehr hilfreich und empfehlenswert. Allerdings hatte ich damals noch keine Erfahrung in dem Bereich und war teilweise mit der schieren Menge an Informationen überfordert. Mittlerweile glaube ich, dass man mit ca. zwei Jahren Berufserfahrung am meisten von dem Studiengang profitieren kann.
Für Berufseinsteiger*innen würde ich entsprechende Online-Seminare empfehlen, die einen Überblick über die Grundlagen der Arzneimittelzulassung vermitteln. Das macht sich gut in Bewerbungen und den Rest lernt man dann in der Praxis.

GEHALT & CO.

Wie steht es um ihr Gehalt und Ihre Arbeitszeiten?

Wie in beinahe jedem Bereich schwankt das Gehalt sehr stark je nach Größe und Art des Unternehmens. Bei meinem ersten Job in einer verhältnismäßig kleinen Firma, die im Generika-Bereich tätig war, bin ich mit ca. 42.000€ eingestiegen. Als Berufsanfänger ohne Erfahrung hatte ich damals keinen Verhandlungsspielraum. Aber mir hat die Firma gefallen und ich war froh, den Job bekommen zu haben.
Mittlerweile arbeite ich in einem größeren Unternehmen, das zudem nach dem Chemie-Tarif der IG BCE bezahlt, der meiner Meinung nach sehr gut ist und der auch regelmäßige Gehaltserhöhungen und eine Reihe von Sozialleistungen garantiert.

Mit einigen Jahren Erfahrung kann man als „einfacher“ Regulatory Affairs Manager schätzungsweise zwischen 60.000€ und 80.000€ verdienen. Für Teamleiter*innen, Abteilungsleiter*innen oder einen Global Head of Regulatory Affairs gehen die Verdienstmöglichkeiten oft deutlich darüber.

Den deutlichsten Unterschied zu meiner Zeit als Doktorand habe ich in meinem ersten Job bei der Arbeitszeit empfunden. Als Doktorand habe ich mehr oder weniger den ganzen Tag und häufig auch am Wochenende im Labor gearbeitet. Das ist in der freien Wirtschaft anders. Zurzeit arbeite ich 38 Stunden pro Woche als Vollzeitkraft. Bei außertariflichen Mitarbeiter*innen, die entsprechend mehr verdienen, werden dann aber meist noch Überstunden erwartet, die mit dem eigentlichen Gehalt dann aber abgegolten sind.

WORK-LIFE-BALANCE

Wie familienfreundlich ist Ihr Arbeitgeber und wie äußert sich dies?

Mein derzeitiger Arbeitgeber lebt tatsächlich eine familienfreundliche Kultur. Vor allem die flexiblen Arbeitszeiten helfen, Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen. Viele Mitarbeiter*innen, auch in der Zulassungsabteilung, arbeiten in Teilzeit. Homeoffice ist ebenso möglich – nicht nur wenn das Kind mal krank ist. Sowohl Frauen als auch Männer gehen bei uns in Elternzeit und bei dem Wiedereinstieg nach längerer Pause wird zusammen mit der*m Mitarbeiter*in nach den geeigneten Möglichkeiten geguckt.

TIPPS UND TRICKS

Was ist das Coolste an Ihrem Job?

Ich bin Spezialist und gleichzeitig Generalist und in fast alle Vorgänge im gesamten Unternehmen involviert. Ich genieße es von Anfang an, wenn ein neues Arzneimittel entwickelt werden soll, dabei zu sein und es auch nach der Markteinführung noch zu betreuen. 

Außerdem gefällt mir der Kontakt mit Kunden und Partnern in der ganzen Welt. Morgens löse ich Probleme mit Indien und China und nachmittags melden sich die Südamerikaner bei mir.

Als Regulatory Affairs Manager arbeitet Dominik mit Kolleg*innen auf der ganzen Welt zusammen.

Was würden Sie Ihrem studierenden Ich raten?

Genieße die Zeit und plane nicht so viel – es kommt doch immer anders.

 

Wenn du dir einen Job im Bereich der Arzneimittelzulassung vorstellen kannst, dann wirf auch mal einen Blick auf unseren Artikel Senior Consultant im Market Access. Im Market Access begleitest du die Einführung eines neuen Medikaments, wobei die Erstellung eines Dossiers für die Nutzenbewertung im Fokus steht. Zwischen dem Zulassungsdossier und dem Nutzendossier finden sich doch einige Parallelen. Wer also Interesse an Regulatory Affairs hat, für den lohnt sich auch ein Blick auf den Bereich des Market Access.

Das Interview wurde im September 2020 geführt. 

*Name von der Redaktion geändert.