„Ich liebe an meinem Job als Consultant, dass er neben seiner Abwechslung und seinem Anwendungsbezug noch einen Touch von Wissenschaft hat.“
– Dr. Nina Brückner*, Senior Consultant im Market Access –
Welche Schritte gehen Pharmaunternehmen auf dem Weg zur Markteinführung eines Medikaments? Wie können Pharmaunternehmen dabei von externen Beratern unterstützt werden? Antworten dazu und welche Tätigkeiten genau ein Consultant dabei übernimmt gibt der folgende Artikel.
Nina arbeitet als Consultant in einem kleinen Dienstleistungsunternehmen mit ca. 25 Mitarbeitern, das sich auf die Markteinführung von Medikamenten mit neuen Wirkmechanismen spezialisiert hat. Genauer gesagt unterstützt ihr Unternehmen nationale und internationale Pharmaunternehmen auf dem Weg, ein neues Medikament in Deutschland auf den Markt zu bringen.
Die Expertise ihres Unternehmens liegt in der Beratung und Unterstützung in sämtlichen Belangen des Marktzugang. Der Dreh- und Angelpunkt ist die Erstellung eines Dossiers für eine sogenannte frühe Nutzenbewertung. Die Nutzenbewertung über das Medikament muss ein Pharmaunternehmen seit 2011 laut des Arzneimittelneuordnungsgesetzes (AMNOG) vorweisen. In dieser Nutzenbewertung wird das neue Medikament mit bereits bestehenden Standardtherapien verglichen. Auf der Grundlage dieser Bewertung wird durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die Entscheidung für oder wider eine Markteinführung gefällt. Im Falle einer Markteinführung werden anhand der Nutzenbewertung auch Preisverhandlungen mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) geführt. Die Preisverhandlungen gehören ebenfalls in das Leistungsspektrum des Unternehmens bei dem Nina arbeitet. Nina wird in dem gesamten Prozess dem Pharmaunternehmen als Consultant zur Seite gestellt. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, das Dossier zur Nutzenbewertung zu verfassen.
Ihren Arbeitstag beginnt Nina immer damit, zu schauen, ob sich ihr Kunde gemeldet hat. Ist dies der Fall, beantwortet sie Fragen oder führt Abstimmungsprozesse für das Dossier weiter. Anschließend schreibt sie weiter am Dossier, recherchiert Daten, bereitet eine Präsentation für ein Kundenmeeting vor oder setzt z. B. die Agenda für ein anstehendes Meeting auf. Sie hat meist täglich Kontakt zum Kunden, entweder telefonisch, per Mail oder auch persönlich.
Wenn Nina nicht an der Bearbeitung eines Dossiers sitzt, nimmt sie an internen Meetings ihres Unternehmens teil. Es gibt verschiedene Formate, in denen sie sich mit anderen Consultants wöchentlich zu Aspekten und Problemen der Dossiers austauschen. Die Treffen reichen von Analysen bereits veröffentlichter Dossiers über allgemeinere Themen unter Consultants zu übergeordneten Themen wie Prozessmanagement oder Statistik.
Um als Consultant in ihrem Unternehmen eingestellt zu werden ist ein Studium mit biologischem Hintergrund essentiell. Neben der klassischen Biologie können Bewerberinnen und Bewerber auch ein Studium der Biochemie, Humanbiologie, Pharmazie, Chemie oder Medizin mitbringen. Eine Promotion ist für die Position Voraussetzung, da diese Arbeitserfahrung nachweist und man mit den meisten Ansprechpartnerinnern und Ansprechpartnern im Pharmaunternehmen auf einem akademischen Level ist. Weitere fachliche Kompetenzen werden durch learning by doing erworben.
Viele der Schlüsselkompetenzen, die Nina für den erfolgreichen Abschluss ihrer Arbeit benötigt, hat sie sich im Laufe ihrer Promotion angeeignet oder ausgebaut. Darunter die Fertigkeit zu Präsentieren und die verständliche Aufbereitung von Daten. So fühlt sie sich sicherer bei Präsentationen, die bei ihr auch mal 100 Folien lang sein können und mehrere Stunden andauern. „Das Gute an den Präsentationen ist aber, dass man keine Monologe führt, sondern mit dem Kunden immer wieder in Diskussion geht“, klärt Nina auf. Freude am Präsentieren sollte man also mitbringen. Ebenfalls in der Promotion gelernt hat sie das strukturierte und zielorientierte Arbeiten und Projekte zu managen. Dies alles sind Fertigkeiten, die ihr bei der Bearbeitung ihrer Projekte sehr hilfreich sind. Ebenso wichtig für die Ausarbeitung der Dossiers ist, dass man detailgetreu und korrekt arbeitet.
Für den Kontakt mit dem Kunden ist eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit notwendig. Gepaart mit diplomatischem Geschick unterstützt diese auch bei Gesprächen, in denen Kunden Änderungen am Dossier vorgenommen haben, die in ihren Augen weniger zielführend sind. Besonders wichtig sind auch Englischkenntnisse, da die Berichte zu den Studien und viele weitere Dokumente in dieser Sprache verfasst werden. Je nach Kunde, läuft auch die Kommunikation (inklusive Präsentationen) in Englisch ab. Beruhigend ist, dass auch Nina selbst viele Vokabeln erst während ihrer Tätigkeit gelernt hat.
Da ein Großteil der Arbeit in das Verfassen von Texten fließt, ist Freude am Schreiben, Textsicherheit und sachliche Argumentationsweise relevant. Auch ist eine gewisse Reisebereitschaft hilfreich, da Nina mehrfach für den Kunden unterwegs ist. Selten jedoch muss sie dafür über Nacht fort sein.
An hoher Stelle steht auch die Serviceorientierung im Unternehmen, da der Kunde auch über seine Zufriedenheit über eine weitere Kooperation mit Ninas Unternehmen entscheidet. Hierfür, aber auch in ihrem Team selbst, ist Teamfähigkeit gefragt.
Da in den klinischen Studien mit vielen Zahlen jongliert wird, ist der Wille, sich mit Statistik auseinander zu setzen erforderlich. Kein Weg vorbei führt an einem sehr guten Umgang mit dem MS Office-Paket, insbesondere der Schreib- und Präsentationssoftware.
Ein generelles Interesse am Gesundheitssystem mit den Erkrankungen und den Medikamenten ist laut Nina für die eigene Zufriedenheit im Job ratsam. Letztlich hilft es auch, Spaß an der Arbeit mit dem Kunden zu haben und daran, das Projekt kontinuierlich fortzuführen.
Nina hat seit ihrem Einstieg in ihr Unternehmen diverse Schulungen und Weiterbildungen absolviert, die ihr in ihrem Arbeitsalltag zugutekommen: Beispielsweise Statistik, europäische Zulassung von Arzneimitteln und systematische Literaturrecherche.
Möglich wären beispielsweise auch ein Besuch von Workshops oder Tagungen der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) oder ein Englischkurs in Großbritannien. Auch wissenschaftliche Tagungen, wie zu Zeiten der Doktorarbeit, sind nicht ausgeschlossen.
Nina arbeitet 40 h/Woche. Sie erklärt, dass ihre Arbeit in der Regel in der vorgesehenen Zeit zu bearbeiten ist. Eine Einschränkung gibt sie insbesondere bei Kundenterminen zu, für die sie außer Haus unterwegs ist oder in Projektphasen in denen es heiß hergeht, z. B. kurz vor Abgaben. „Die Tendenz geht eher zu einem Anhäufen von Überstunden als dass Langeweile entsteht“, klärt Nina auf. Da man weitestgehend eigenständig das Projekt managet, kann man aber das meiste selbst – natürlich in Abstimmung mit dem Kunden – steuern, beruhigt sie. „Oberste Priorität hat letztlich aber die Zufriedenheit des Kunden, daher ist man dazu angehalten, seinen Arbeitsrhythmus danach auslegen“, betont Nina. Für ein schnelles Kopf-Freischalten gibt es sonst auch einen Kicker im Unternehmen.
In ihrem Unternehmen ist Nina bisher kein Consultant begegnet, der in Teilzeit gearbeitet hat. Dass dies aber möglich ist, schließt sie nicht aus. In ihrem Unternehmen herrscht ein Frauenüberschuss unter den Consultants, was sie aber als zufällige Situation einschätzt.
In ihrem Unternehmen besteht die Hierarchie aus Consultants, Senior Consultants und Projektleitern sowie der Geschäftsführung, die aber alle sehr ähnliche Aufgaben erfüllen.
Wer aus Ninas Position heraus neue Herausforderungen sucht, findet sie z. B. im Market Access Bereich der Pharmaunternehmen. Durch die Erfahrung im Schreiben bieten sich auch Stellen im Medical Writing an. Das Wissen im Gesundheitssystem könnte interessant für Krankenkassen oder andere am Prozess beteiligte Einrichtungen wie der G-BA selbst oder das IQWiG sein.
In der freien Wirtschaft wird das Gehalt immer individuell zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten verhandelt. In ihrem Fall lag ihr Einstiegsgehalt etwa auf der Stufe eines Post-Docs oder etwas darüber. Den finanziellen Aufstieg beschreibt Nina schneller als z. B. im Wissenschaftssystem, jedoch muss dieser auch verhandelt werden. Wenn das Unternehmen Gewinne erzielt, wird sie durch Boni daran beteiligt.
Nina wurde über eine Bekannte auf die Stelle aufmerksam gemacht und hat sich daraufhin beworben. Sie hätte die Ausschreibung sonst vermutlich nicht gesehen, da ihr Unternehmen nicht zwingend bei den typischen Stellenportalen ausschreibt. Es lohnt sich also, auch jenseits der gängigen Jobportale nach Stellen Ausschau zu halten.
Ninas Einarbeitung erfolgte über einen Zeitraum von ca. einem Jahr. Wer sich jetzt über diesen langen Zeitraum wundert, sollte sich die Zeit vor Augen halten, die es braucht, den gesamten Prozess des Leistungsangebots ihres Unternehmens zu durchlaufen; nämlich mindestens ein Jahr. Und selbst dann hat man möglicherweise noch nicht alle Etappen durchlaufen.
Wer Interesse an wissenschaftlichen Fragestellungen zur Nutzenbewertung hat, ist willkommen, internationale Kongresse zu besuchen und dort auch selbst zu präsentieren.
„Durchhalten und offen sein! Man hat mehr Möglichkeiten als man denkt.“
- Studium der Biologie, Schwerpunkte: Zellbiologie, Genetik, Zoophysiologie; Diplomarbeit in Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig
- Promotion am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
Das Interview wurde im Januar 2016 geführt.
*Name geändert
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