Wie ticken Biolog_innen?

Bisher ist bekannt, dass die Wahl zur Aufnahme eines Studiums durch sozioökonomische Faktoren beeinflusst wird. So entscheiden sich zum Beispiel Abiturient_innen aus Nicht-Akademiker-Familien und Frauen eher seltener für ein Studium. 

Nun gibt es eine neue Studie, die den Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen auf die Studienfachwahl untersucht hat. Wie interessant ist das denn?! Ich habe mich schon länger gefragt, ob Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen eine bestimmte Fachrichtung studieren oder ob persönliche Eigenschaften im Studium (noch mehr) geschärft werden. Endlich gibt es also mehr Einblicke, in die Persönlichkeitsstruktur von Studienanfänger_innen. Und mehr noch: untergliedert in Naturwissenschaftler_innen. Vorurteile und Schubladendenken kennen wir alle. Aber sind sie auch belegbar? 

Die typische Biologin – blond, strebsam, immer mit dem Buch draußen unterwegs?

Frauke Peter und Jan Berkes vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e.V. haben in ihrer Studie „Wahl des Studienfachs hängt auch mit Persönlichkeitseigenschaften zusammen“ Daten aus dem Nationalen Bildungspanel (NEBS) gewählt. Sie nutzten Angaben zu Persönlichkeitsmerkmalen von ca. 3.500 Schüler_innen aus der neunten Klasse, die in den Jahren 2014 und 2015 Abitur machten. Die im NEPS hinterlegten Persönlichkeitsmerkmale basieren auf den sogenannten Big Five nach Lang und Lüdtke1. Folgende Persönlichkeitsmerkmale werden dabei unterschieden:

  • Offenheit (für Neues)erfasst die Bereitschaft und Wertschätzung für Phantasie, neue Ideen, Ästhetik, Gefühle, Abwechslung sowie ein flexibles Normen- und Wertesystem
  • Gewissenhaftigkeitmeint das Streben nach Leistung, Besonnenheit, Kompetenz, Ordnungsliebe, Pflichtbewusstsein und Selbstdisziplin
  • Extraversionbezieht sich auf Persönlichkeitsdispositionen wie Geselligkeit, Aktivität, Tatendrang, Durchsetzungsfähigkeit und Begeisterungsfähigkeit
  • Verträglichkeitumfasst die Facetten der Nachgiebigkeit, Freimütigkeit, Bescheidenheit, Kooperationsbereitschaft, des Vertrauens und Altruismus
  • Neurotizismus (emotionale Stabilität)bezieht sich auf Facetten der Ängstlichkeit, Traurigkeit, Unsicherheit, Irritierbarkeit, Impulsivität und Vulnerabilität

Die Fächergruppen, die die Autorin und der Autor unterscheiden sind Geistes-, Sozial-, Rechts-, Wirtschaftswissenschaften sowie aus dem MINT-Bereich (Mathematik, Ingenieur- und Naturwissenschaften) und Medizin gepaart mit Sportwissenschaften. Rückschlüsse auf Persönlichkeitsmerkmale allein von Studierenden der Biologie können wir also keine ziehen. Spannend ist es trotzdem. Hier sind die Ergebnisse für Studierende des MINT-Bereichs:

  1. Abiturient_innen, die eher kommunikativ sind, wählen seltener ein MINT-Studienfach (-7 %).
  2. Abiturient_innen, die unsicherer sind, entscheiden sich seltener für ein MINT-Studienfach (-2 %).
  3. Organisierte Männer entscheiden sich mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für ein MINT-Fach. 

Auch zeigte die Studie, dass sich Frauen seltener für ein Fach im MINT-Bereich entscheiden (24 % weniger als Männer). Insgesamt entscheiden sich Frauen weniger für die Aufnahme eines Studiums (6 % weniger als Männer).

 

Literatur 

Frieder R. Lang und OliverLüdtke (2005): Der Big Five-Ansatz der Persönlichkeitsforschung: Instrumente und Vorgehen. In: Siegfried Schumann (Hrsg.): Persönlichkeit: eine vergessene Größe der empirischen Sozialforschung. VS Verlag, Wiesbaden.